«Steuerabzüge sind eine teure Droge», meint Hansueli Schöchli in der NZZ. Ganz besonders gefährdet als Drogenabhängige scheinen die Sparer zu sein, welche die Möglichkeiten zu freiwilligen Beiträgen in der 2. und 3. Säule nutzen. Das koste den Staat gewaltige Steuererträge, bringe aber für die Vorsorge nur geringen Zusatznutzen. Eine kühne Behauptung, welche angeblich durch ausländische Untersuchungen gestützt wird. Ob sich das auf die Schweiz übertragen lässt, muss man bezweifeln. Seine Argumentation ist übrigens bestens bekannt. Sie wird uns regelmässig vom SGB serviert.
Der Kanton Zürich hat jüngst im Auftrag des Parlaments mit einem Bericht an die Kosten von Steuerabzügen erinnert. Zusammengerechnet brachten die Abzüge im Jahr 2020 den Pflichtigen Einsparungen bei den Staats- und Gemeindesteuern von total über 5 Milliarden Franken. Dies bei Gesamtzahlungen für Einkommenssteuern im Kanton Zürich von etwa 9 Milliarden Franken.
Die Addition aller Abzüge verzerrt hier das Bild, aber vereinfacht lässt sich sagen: Bei Abschaffung aller Steuerabzüge könnten Kanton und Gemeinden die Einkommenssteuersätze um etwa einen Drittel senken, ohne per saldo Einbussen zu haben. Ältere Darstellungen auf Bundesebene kamen auf noch grössere Effekte von Abzügen.
Eine goldene Regel der Steuerpolitik sagt: möglichst wenig Abzüge und dafür möglichst tiefe Steuersätze. Dies minimiert die volkswirtschaftlichen Verzerrungen. Es bedeutet weniger negative Arbeitsanreize, weniger Ausweichmanöver und weniger Aufwand der Bürger für Steuerberater. (…)
Zu den Klassikern ohne überzeugende Rechtfertigung zählt der Steuerabzug für Einzahlungen in das gebundene Vorsorgesparen der Säule 3a. Dieser Abzug subventioniert vor allem Betuchte (die genügend Mittel für solche Einzahlungen haben und zusätzliches Sparen gar nicht nötig hätten) sowie den Finanzsektor (der von den Kunden Gelder für tiefere Zinsen erhält, als er ohne Steuerabzug erhalten würde).
Die internationale Forschungsliteratur lässt zudem mutmassen, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Einzahlungen in steuerbegünstigte Sparvehikel das Sparvolumen nicht erhöhen, sondern nur verlagern. Im Kanton Zürich machte dieser Abzug 2020 für Kanton und Gemeinden total fast 500 Millionen Franken aus.
Auch die Abzüge für hohe freiwillige Einzahlungen in die Pensionskasse in Kombination mit Steuerprivilegien für Kapitalbezüge bringen kaum gesellschaftlichen Nutzen bei bedeutenden Kosten. Insgesamt brachten diese Abzüge 2020 im Kanton Zürich Steuervergünstigungen von 375 Millionen Franken; mehr als die Hälfte der freiwilligen Einzahlungen überstieg 20 000 Franken.
Der Bundesrat hat im Rahmen des Sparprogramms für die Bundeskasse vorgeschlagen, das Steuerprivileg für Kapitalbezüge aus Pensionskasse und Säule 3a zu reduzieren. Doch solche Privilegien sind wie andere Subventionen Drogen: Droht der Entzug, kommt ein Aufschrei.
Besonders stark lobbyiert der Finanzsektor gegen Kürzungen bei diesen Privilegien: Denn die Kundengelder würden teurer werden, und das Beratungspotenzial würde schrumpfen. Dies taugt aber nicht als Rechtfertigung für den Erhalt von Subventionen zulasten aller Nicht-Subventionierten.
NZZ / Beobachter
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