Viele Befürworter waren nur lauwarm dafür. Selbst bei den Frauen löste die Vorlage keine Begeisterung aus, obwohl die Frauenorganisation Alliance F für ein Ja kämpfte.
Die Reform hätte mit dem Ausbau des Versicherungsobligatoriums für Teilzeitbeschäftigte und andere Tiefverdiener besonders zu höheren Frauenrenten führen sollen – zum Preis von höheren Lohnabzügen.
Die angebliche «Rentenlücke» zwischen Frauen und Männern wird zwar oft vor allem von der Linken kritisiert. Aber die lautesten Kritiker der Rentendifferenz zwischen den Geschlechtern lehnten nun am heftigsten eine Reform ab, welche die Differenz verkleinert hätte.
Das bestätigt einen alten Befund: Die Linke interessiert sich nur dann für das Frauenthema, wenn sich dieses für einen ideologischen Zweck wie etwa den Ausbau der AHV einspannen lässt.
So kam es am Sonntag, wie es kommen musste. Nach 2010 und 2017 ist nun in der beruflichen Vorsorge zum dritten Mal eine Reform gescheitert, die das rechnerisch überhöhte gesetzliche Minimum der Jahresrente von 6,8 Prozent des Vorsorgekapitals hätte reduzieren sollen.
Die 6,8 Prozent beruhen auf einer im Vergleich zu heute klar tieferen Lebenserwartung und auf überhöhten Erwartungen zu den Anlagerenditen. Trotz der Realitätsferne dieser Mindestvorgabe scheint das Urnenverdikt klar: Eine Senkung ist nicht mehrheitsfähig. So kann man sich eine solche Übung in Zukunft sparen. (…)
Für die Problemkassen ist der Status quo ein Ärgernis. Doch diese können ihr Problem selbst lösen. Entweder wie bisher durch versteckte Quersubventionierung der Rentner zulasten der Jüngeren – vor allem mit zu tiefer Verzinsung des Vorsorgekapitals der Erwerbstätigen.
Oder durch den Ausbau der Vorsorgepläne mit überobligatorischen Elementen. Der Trend weg von rein obligatorischen Vorsorgeplänen hat schon vor langem angefangen und dürfte mit dem Volksentscheid vom Sonntag weitergehen.
Die gesetzliche Mindestvorgabe für die Jahresrente dürfte so weiter an Bedeutung verlieren, bis sie längerfristig völlig irrelevant wird. Der Gesetzgeber kann rechnerisch überrissene Rentengarantien befehlen. Doch die Regeln der Mathematik kann er nicht ausser Kraft setzen.
NZZ