Jede BVG-Revision dreht sich unvermeidlich um den weiterhin viel zu hohen Mindest-Umwandlungssatz. Er wurde gegen jede versicherungstechnische Vernunft in der 1. BVG-Reform ins Gesetz transformiert. Thomas Müller schreibt dazu in der NZZamSonntag:
Es ist das zentrale Element in der Abstimmung zur Reform der beruflichen Vorsorge: die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent. Seit Jahren versuchen die Bürgerlichen diesen zu senken, um der höheren Lebenserwartung Rechnung zu tragen – bisher vergeblich.
Was, wenn die Reform heute erneut scheitert? «Ich sehe keinen Plan B. Ein Nein würde einen Stillstand bei der beruflichen Vorsorge bedeuten», sagt der SVP-Nationalrat Thomas de Courten. Das Grundproblem des zu hohen Umwandlungssatzes bliebe.
Doch auch ein Ja wäre für viele Befürworter kein Grund zum Feiern. «Die Reform war ein Kompromiss auf bürgerlicher Seite, bei dem man wirklich auf die Zähne beissen musste», sagt der FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt.
Dass sich die Bürgerlichen auf einen Kompromiss mit Ausgleichsmassnahmen einlassen mussten, geht zurück auf das Pfand des Mindestumwandlungssatzes, das die Linken nur teuer hergeben. Ein Pfand, das die Bürgerlichen jedoch günstig verkauft haben.
Als das Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-, und Invalidenvorsorge (BVG) 1985 in Kraft trat, lag es am Bundesrat, den Mindestumwandlungssatz «unter Berücksichtigung der anerkannten technischen Grundlagen» zu bestimmen. Erst mit der 2004 in Kraft getretenen BVG-Revision wurde der Mindestumwandlungssatz im Gesetz fixiert.
«Das war der grösste Fehler dieser Reform. Ganz eindeutig», sagt Toni Bortoluzzi, langjähriger SVP-Sozialpolitiker und zu jener Zeit Präsident der zuständigen Kommission. «Da wurden wir etwas über den Tisch gezogen. Die ursprünglichen Erfinder waren klüger, die haben das dem Bundesrat überlassen.» Man habe damals gedacht, den Umwandlungssatz müsse man jetzt senken, und dann habe man wieder Ruhe.
Nach der Senkung kehrte aber keine Ruhe ein. Denn der Prozentsatz, der angibt, wie hoch die ausbezahlten Renten sind, beruht auf Annahmen zur Lebenserwartung und zu den Erträgen aus dem angelegten Altersguthaben.
Beide Annahmen alterten schlecht: Seither leben wir länger, und die Erträge sind zu tief. Rein mathematisch geht die Rechnung nicht mehr auf, was für die Pensionskassen ein Problem ist.
NZZaS