In den CH-Medien streiten sich Martina Bircher, SVP-Nationalrätin, und Cédric Wermuth, SP-Nationalrat, über die BVG-Reform.
Die Bürgerlichen haben in der Beratung dafür gesorgt, dass diese Rentenverluste zu wenig kompensiert werden. Zudem: Die Rentenunterschiede zwischen Männern und Frauen werden hauptsächlich durch die unterschiedlichen Einkommen verursacht.
Die Frauen leisten auch heute noch bedeutend mehr unbezahlte Care-Arbeit. Das wird auch in dieser BVG-Vorlage nicht berücksichtigt. Wir haben im Parlament entsprechende Anträge gestellt, diese wurden von der bürgerlichen Mehrheit jedoch abgelehnt.
Dennoch: Mit der BVG-Reform könnten Zehntausende von Frauen in der Schweiz Pensionskassenkapital aufbauen.
Cédric Wermuth: Gerade Personen mit tiefen Löhnen, das sind oft Frauen, werden bei einer Annahme der Reform massiv mehr Lohnbeiträge zahlen müssen. Sie haben während des Erwerbslebens am Ende des Monats also deutlich weniger Geld zur Verfügung.
Was sie dafür an minimaler Rente dazugewinnen, wird ihnen bei den Ergänzungsleistungen wieder gestrichen. Für die Betroffenen ist es ein Nullsummenspiel. Kommt die BVG-Reform durch, wird die Gleichstellungspolitik in der 2. Säule regelrecht blockiert. Die Bürgerlichen werden dann argumentieren, man habe jetzt ja etwas für die Frauen getan.
Martina Bircher: Das sehe ich komplett anders. Der angesprochene Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern ist darauf zurückzuführen, dass Frauen viel öfter Teilzeit arbeiten.
Dieses Problem packt die BVG-Reform eben genau an. Zum einen wird die Lohn-Eintrittsschwelle von 22’050 Franken auf 19’845 Franken herabgesetzt, zum anderen können mehrere Teilzeitlöhne zusammengezählt werden. Dies führt dazu, dass sehr viele Menschen neu Kapital in der Pensionskasse ansparen können und im Alter eine bessere Rente haben.
Der Frauendachverband Alliance F unterstützt die Vorlage. Wie kommt das bei Ihnen an?
Cédric Wermuth: Es erstaunt mich, dass der Frauendachverband eine Vorlage mitträgt, die zu Rentenkürzungen führt und das Versprechen gegenüber den Frauen, ihre Rentensituation endlich zu verbessern, nicht hält. Natürlich gibt es Punkte in dieser Reform, die unbestritten sind. Fakt ist aber: Im Kern führt diese Vorlage aufgrund des reduzierten Umwandlungssatzes zu Renteneinbussen.
Gemäss einer Studie im Auftrag von Alliance F müssen zwar 67’000 Frauen mit tieferen Renten rechnen. Bei 275’000 Frauen steigen die Renten jedoch. Ist das nicht ein Schritt in die richtige Richtung?
Cédric Wermuth: Diese Studie ist unter Experten umstritten. Sie berücksichtigt den angesprochenen Effekt mit den höheren Lohnbeiträgen und den im Alter wegfallenden Ergänzungsleistungen nicht.
Generell bleibt bei dieser Reform sehr vieles unklar. Das Parlament hat nachlässig gearbeitet, das sagen auch die bürgerlichen Pensionskassenexperten. Diese Arglosigkeit im Umgang mit den Renten der Menschen macht wütend. Was die Zahlen des Bundesamtes für Sozialversicherungen zeigen: Gewissen Personen drohen jährliche Renteneinbussen von bis zu 3200 Franken. Dieser Preis ist viel zu hoch.
Martina Bircher: Das Beispiel mit den 3200 Franken Rentenverlust ist ein Worst-Case-Szenario, diese Zahlen stehen in der Kritik, weil sie so nicht stimmen. Die Linken suggerieren, dass eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung eine Renteneinbusse hinnehmen muss. Das ist falsch. Es sind lediglich 15 Prozent der Versicherten im Obligatorium und damit betroffen, diese Personen erhalten Ausgleichszahlungen. Die BVG-Reform ist ein guter Kompromiss.
Watson