In der NZZ geht Hansueli Schöchli der Frage nach, was nach einem Nein zur BVG-Reform passieren könnte und welche Haltung die Pensionskassen-Verbände zur Reform einnehmen.
Die Pensionskassenbranche ist bei dieser Reform gespalten. Der Ausbau des Versicherungsobligatoriums bei tieferen Einkommen stösst grossenteils auf Zustimmung, die Reduktion des Mindestumwandlungssatzes wird weitherum begrüsst, doch das Ausmass der Rentenzuschläge für die Übergangsjahrgänge stösst auf viel Kritik.
Letztgenanntes, weil damit die Umverteilung von Jung zu Alt vorübergehend sogar noch zunehmen dürfte und weil die Kassen erheblichen administrativen Zusatzaufwand befürchten.
Der Branchenverband Inter Pension verzichtet mangels klarer Mehrheit auf eine offizielle Abstimmungsparole. Dieser Verband vertritt Sammelstiftungen und Gemeinschaftseinrichtungen.
Das sind Vehikel, welche die Vorsorgepläne vieler Klein- und Mittelbetriebe gemeinsam verwalten; denn für viele KMU lohnt sich eine firmeneigene Pensionskasse nicht.
Der Pensionskassenverband Asip, der nebst Sammelstiftungen auch viele firmeneigene Pensionskassen vertritt, hat trotz vielen Zweifeln bei Mitgliedern die Ja-Parole zur Reform herausgegeben.
Ein Volks-Nein wäre aber für die Pensionskassen «keine Katastrophe», sagt der Asip-Geschäftsführer Lukas Müller-Brunner. «Finanziell wäre dies tragbar», sagt auch Nico Fiore, Geschäftsführer von Inter Pension.
Nach einem Volks-Nein ginge diese Umverteilung weiter, sagt Lukas Müller-Brunner: «Das BVG-Obligatorium wäre ohne Quersubventionierung weiterhin nicht finanzierbar.» Dies verstärke die Tendenz zur Abkehr von Vorsorgeplänen mit rein obligatorischer Abdeckung: «Es wäre gut denkbar, dass es in zehn Jahren kaum mehr Pensionskassen ohne überobligatorisches Kapital gäbe.»
Ähnliches sagen auf Anfrage auch diverse externe Pensionskassenexperten. Reine BVG-Minimalpläne würden zu einem «Auslaufmodell», mutmasst Christian Heiniger von der Beratungsfirma Willis Towers Watson. «Dieser Trend lässt sich bereits beobachten.»
Vor allem zwei Wege führen ins Überobligatorium und damit zu mehr Spielraum für Rentengarantien ohne Quersubventionierung: versicherte Lohnteile über dem gesetzlichen Minimum und prozentuale Lohnabzüge über dem Minimum. (…)
Doch wäre eine neue Reform möglich, die sich auf den Ausbau des Versicherungsobligatoriums bei tiefen Einkommen beschränkt und damit vor allem viele teilzeitbeschäftigte Frauen ansprechen könnte? Versuche dazu würde es wohl geben, wie die grünliberale Berner Nationalrätin Kathrin Bertschy andeutet. Sie ist Co-Präsidentin der Frauenorganisation Alliance F und kämpft stark für die jetzige Reform.
Doch ob eine abgespeckte Reform mehrheitsfähig wäre, ist zweifelhaft. Aus Gewerbekreisen wäre wohl noch grössere Skepsis als bei der jetzigen Vorlage zu erwarten, weil der Ausbau des Versicherungsschutzes zu Mehrkosten via Lohnbeiträge führt und die vom Gewerbe gewünschte Senkung des Mindestumwandlungssatzes nicht mehr im Paket wäre.
Lukas Müller-Brunner vom Pensionskassenverband Asip meldet derweil aus einer anderen Optik Skepsis an: «Es wäre paradox, wenn man feststellen muss, dass das Obligatorium ohne Quersubventionierungen nicht finanzierbar ist, aber trotzdem das Obligatorium ausbaut.» Befragte Mitte-Politiker mutmassen, dass nach einem Volks-Nein zur jetzigen Reform längere Zeit keine neue Reform kommen werde.
NZZ
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