Weitere 5,4 Milliarden stammen aus der sogenannten «Legal Quote», die es privaten Versicherern erlaubt, bis zu 10 Prozent der Erträge aus dem BVG-Geschäft abzuschöpfen.
Gabriela Medici, Sozialversicherungsexpertin des SGB, kommentiert die Analyse wie folgt: «Die Kosten für die Verwaltungsund Vermögensverwaltungskosten der zweiten Säule haben in den vergangenen Jahren stetig zugenommen und erreichten 2022 mit 8,2 Milliarden Franken ein neues Rekordhoch.»
Das sei viel zu viel: «Dieses Geld fehlt am Ende, um den Versicherten eine angemessene Rente bezahlen zu können.»
Lukas Müller-Brunner, Direktor des Schweizerischen Pensionskassenverbandes (ASIP), zweifelt nicht an den vom SGB verwendeten Zahlen. Er findet es aber «nicht sinnvoll», diese Kosten als «plumpe Summe» darzustellen: «Für eine stichhaltige Analyse müssen die Kosten in Relation zum verwalteten Vermögen gemessen werden.»
Bei dieser Betrachtung koste die Verwaltung der Vorsorgevermögen weniger als 0,5 Prozent pro Jahr, was sowohl im internationalen Vergleich als auch mit Blick auf Alternativen als Privatanleger sehr wenig sei. Müller-Brunner rechnet vor: «0,5 Prozent entsprechen dem Preis einer Papiertragtasche bei einem Einkauf von rund 60 Franken.»
Im Übrigen weist Müller-Brunner darauf hin, dass nicht allein die Kosten relevant seien, sondern vor allem der Ertrag: «Ausschlaggebend ist, dass die Pensionskassen dank professioneller Anlage der Versichertengelder eine gute Rendite erwirtschaften.»
Alleine im Börsenjahr 2021 hätten die Erträge dieses «dritten Beitragszahlers» mehr ausgemacht, als die gesamte Verwaltung während zehn Jahren gekostet habe. Der oberste PK-Vertreter ist deshalb überzeugt: «Der Leistungsausweis der beruflichen Vorsorge stimmt.»
Die Gewerkschaften wollen diese Aussage nicht unterschreiben, zumindest nicht pauschal. Zwar streitet auch der SGB nicht ab, dass die Rendite mindestens so wichtig ist wie die Kosten. Medici weist jedoch darauf hin, dass höhere Kosten nicht automatisch zu höheren Renditen führen: «Bis jetzt wurde von unabhängiger Stelle kein entsprechender Zusammenhang gefunden.»
2019 konnte eine Studie der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge nicht feststellen, dass teure Kassen auch besser performen. Müller-Brunner begründet das damit, dass viele Analysen zu wenig in die Tiefe gingen: «Jede Kasse hat ihre eigene Risikofähigkeit, an der sie sich orientieren muss – pauschale Vergleiche greifen daher schlicht zu kurz.»
Für SGB-Sozialversicherungsexpertin Medici ist trotzdem klar, dass Handlungsbedarf besteht. Sie stört sich vor allem daran, dass in der zweiten Säule immer mehr gewinnorientierte Akteure mitmischen. «Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, die privaten Versicherungskonzernen gehören, reissen sich um das ursprünglich paritätisch verwaltete Vorsorgevermögen der Erwerbstätigen.»
Die zweite Säule sei zu einem Business geworden, bei dem die Versicherten immer mehr das Nachsehen hätten: «Die Renten sind real gesunken, während die Gewinne der Banken, Versicherungen und Makler gestiegen sind.»