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Hansueli Schöchli zeigt auf, welche Kostenfolgen nach der 13. AHV-Rente weitere unmittelbar folgende Initiativen auf den Staatshaushalt haben werden.

Die AHV ist ein Selbstbedienungsladen. Das Volk hat das verstanden und Anfang März eine Erhöhung aller AHV-Renten um 8,3 Prozent beschlossen. Kostenpunkt: etwa 5 Milliarden Franken pro Jahr. Beschlossen haben dies vor allem Ältere, zahlen werden es vor allem Jüngere. Der Bundesrat wird voraussichtlich diesen Mittwoch seine Vorschläge bringen, wie die Rechnung verteilt werden soll.

Am gleichen Mittwoch klopft schon die nächste milliardenteure AHV-Initiative an die Tür. Die Mitte-Partei reicht bei der Bundeskanzlei die Unterschriften für zwei Volksinitiativen ein, die eine Besserstellung von Ehepaaren bei den Steuern beziehungsweise bei den AHV-Renten fordern.

Bei der direkten Bundessteuer gibt es laut der jüngsten Bundesschätzung mehr Ehepaare mit deutlichem Heiratsbonus (670 000) als solche mit deutlicher Heiratsstrafe (610 000). Die Mitte-Initiative fordert nun im Kern, dass die Heiratsboni bleiben, aber die Heiratsstrafe in jedem Einzelfall verschwindet. Laut dem bevorzugten Modell der Initianten gäbe es bei Ehepaaren nebst der gemeinsamen Besteuerung eine alternative Steuerberechnung auf Basis der Einzelbesteuerung – und für die Betroffenen gälte jeweils die günstigere Variante. Das könnte Steuerentlastungen von total etwa 1,5 Milliarden Franken pro Jahr bringen. Profitieren würden vor allem Doppelverdiener-Ehepaare mit hohem Gesamteinkommen.

Noch stärker ins Gewicht fällt die Renteninitiative der Mitte. In der AHV beträgt heuer die Maximalrente für Einzelpersonen 2450 Franken pro Monat. Ein Konkubinatspaar kann maximal 4900 Franken erhalten (zweimal die Einzelrente). Bei Verheirateten gibt es dagegen einen Deckel von 150 Prozent der Einzelrente – heuer 3675 Franken. Betroffene schreiben deshalb oft Mails an Politiker und Medien und Klagen über diese «Ungerechtigkeit». Die Mitte-Initiative will diesen Rentendeckel abschaffen. Damit könnten die Ehepaar-Renten um bis zu einem Drittel steigen.

Doch auch hier spielt wie so oft die klassische Asymmetrie: Betroffene klagen laut über angebliche Benachteiligungen, doch Vorteile verschweigen sie. Ehepaare haben bei der AHV drei bedeutende Vorteile gegenüber Konkubinatspaaren: Witwen- und Witwerrenten, den Verwitwetenzuschlag auf den Renten sowie die Beitragsbefreiung von nicht erwerbstätigen Ehepartnern in gewissen Fällen.

Gemäss den jüngsten Bundesschätzungen (für 2019) spart die Deckelung der Ehepaar-Renten 2,8 Milliarden Franken pro Jahr, während die drei genannten Ehe-Vorteile total 3,2 Milliarden Franken ausmachen. Per saldo gibt dies einen Heiratsbonus von 400 Millionen Franken. Doch Witwen schreiben keine Mails, in denen sie die Abschaffung der Witwenrente fordern.(…)

Politisch stellt sich die Frage, ob das Volk nach seinem jüngsten Entscheid zum AHV-Ausbau bald via Mitte-Initiative nochmals einen milliardenteuren Ausbau mit ungedeckten Checks will. Das Motto «nach uns die Sintflut» hat sich beim Urnengang von Anfang März durchgesetzt, doch noch ist unklar, ob dies als Dammbruch oder als statistischer Ausreisser zu betrachten ist.

  NZZ