imageEs braucht einen Mix aus mehr Steuern und mehr Arbeiten, sonst schmettert das Volk die Lösung ab, sagt die GLP Nationalrätin Melanie Mettler im Interview mit dem Tages-Anzeiger. Auszüge.

Frau Mettler, Sie wollten die tiefsten Renten erhöhen und so der Initiative für die 13. AHV-Rente den Wind aus den Segeln nehmen. Die Idee kam zu spät, nun muss die 13. AHV-Rente finanziert werden. Wie?
Die Finanzierung muss gerecht und in einer Volksabstimmung erfolgreich sein. Ich halte es deshalb für riskant, jetzt eine separate Vorlage zur Finanzierung der 13. AHV-Rente zu beschliessen. Denn ich bezweifle, dass wir eine mehrheitsfähige Vorlage hinbekommen. Bei den einseitigen Vorschlägen, die auf dem Tisch liegen, dürfte es ein Referendum geben. Damit droht ein erneuter Scherbenhaufen. Wir sollten die Finanzierung der AHV gesamthaft anschauen in der Reform, die der Bundesrat 2026 vorlegen muss.


Warum halten Sie die Vorschläge für nicht mehrheitsfähig?

Weil jede Seite Maximalforderungen stellt. Die Linke will die 13. AHV-Rente allein über Lohnbeiträge finanzieren, die andere Seite über Leistungskürzungen oder Einsparungen bei der Auslandhilfe und den Asylausgaben. Auch eine zu starke Erhöhung der Mehrwertsteuer halte ich für unklug. Die Mehrwertsteuer müssen zwar alle Generationen bezahlen, sie belastet aber jene mit geringem Einkommen stärker.


Mit Lohnabzügen tragen vor allem Gutverdienende die Kosten. Was stört Sie daran?

Mit der 13. AHV-Rente hat sich das Volk für einen gewissen sozialen Ausgleich zugunsten der Rentner ausgesprochen. Dabei ging aber der Ausgleich zwischen den geburtenstarken und geburtenschwachen Jahrgängen vergessen. Wir sollten bei der Finanzierung der Mehrkosten für die AHV nicht noch einmal den gleichen Fehler machen. Denn höhere Lohnbeiträge belasten ausschliesslich die erwerbstätigen Jahrgänge. Weil wir in der Schweiz momentan eine aussergewöhnliche Altersstruktur haben, müssten so ausgerechnet die geburtenschwächsten Jahrgänge in den nächsten 30 Jahren die Finanzierung allein tragen.


Sie wollen eine Gesamtfinanzierung für die 13. Rente und die künftigen Demografiekosten. Von welchem Geldbedarf der AHV gehen Sie aus?

Wenn ich von der Generationengerechtigkeit spreche, dann geht es um den Übergang von den geburtenreichen zu den geburtenschwachen Jahrgängen. Diese Übergangszeit dauert bis 2050. So lange im Voraus kann man natürlich nur Grössenordnungen benennen. Für die Renten der geburtenstarken Jahrgänge werden zusätzlich rund 100 Milliarden Franken benötigt. Dazu kommen nun nochmals rund 100 Milliarden für die 13. AHV-Rente. Wenn wir etwa 50 Milliarden aus dem Vermögen der AHV decken, ergibt sich ein Finanzierungsbedarf von 150 Milliarden Franken.


Eine Riesensumme – woher soll diese kommen?

Die Finanzierung muss sozial ausgewogen sein, darf die geburtenschwachen Jahrgänge nicht einseitig belasten und der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft nicht schaden. Das gelingt nur, wenn wir ein austariertes Gesamtpaket schnüren. Ein gut schweizerischer Kompromiss könnte aus einem Teil Mehrwertsteuer und einem Anteil mit einer neuen Steuer bestehen. Wir müssen neue Einnahmequellen prüfen, wie die Finanztransaktionssteuer, die Kapitalgewinnsteuer oder eine Erbschaftssteuer. Diese könnten wir mit einer Sunset-Klausel versehen, also befristen.

Das reicht, um eine Finanzierungslücke von 150 Milliarden zu füllen?
Nein, ein zentrales Element einer ökonomisch nachhaltigen Finanzierung ist für die Grünliberalen, das inländische Arbeitskräftepotenzial besser zu nutzen. Wenn Menschen, die gern mehr arbeiten würden, ihr Erwerbspensum erhöhen oder länger erwerbstätig bleiben, führt das zu mehr Lohnbeiträgen für die AHV. Es gibt viele ältere Arbeitnehmende, die unter passenden Bedingungen gern erwerbstätig wären, zum Beispiel mit reduziertem Pensum. Es geht mir nicht um die Erhöhung des Referenzrentenalters, sondern darum, die Weiterbeschäftigung attraktiver zu machen. Wenn sich weniger Erwerbstätige frühpensionieren lassen, könnten laut Arbeitgeberverband rund 20’000 Vollzeitäquivalente im Arbeitsmarkt gehalten werden.

  TA