Der Markt für die Rückversicherung von Langlebigkeitsrisiken entwickelt sich dynamisch. In der Schweiz ist das Interesse noch gering, schreibt Bernd de Wall auf HZ Insurance.
Die Idee hinter dem Geschäft ist so simpel wie bestechend: Die Lebenserwartung in den entwickelten europäischen Ländern steigt. Im Jahr 2018 gab es laut Swiss Re weltweit zum ersten Mal in der Geschichte mehr Menschen im Alter von 65 Jahren oder älter als Kinder im Alter von unter fünf Jahren. Die Zahl der Menschen, die 80 Jahre oder älter sind, wird sich gemäss dem Rückversicherer voraussichtlich verdreifachen, von 143 Millionen im Jahr 2019 auf 426 Millionen im Jahr 2050.
Da liegt es für Unternehmen oder Pensionskassen nahe, die Langlebigkeitsrisiken ihrer Pensionierten an Rückversicherer zu transferieren, um das Risiko zu minimieren. Der Longevity Swap gilt als eines der effektivsten und effizientesten Instrumente zur Absicherung des Langlebigkeitsrisikos überhaupt. Ein Teil der Risiken verschwindet aus den eigenen Büchern – und belastet künftig auch nicht mehr die Bilanz.
Der Longevity Swap hilft, eine Unterdeckung der Pensionskasse zu vermeiden und bei tiefem Aktiven-zu-Rentner-Verhältnis nicht in eine Sanierungssituation zu rutschen. Darüber hinaus wird die Planungssicherheit insbesondere auch hinsichtlich dem Asset Liability Matching (ALM) markant erhöht. Dafür kassiert der Rückversicherer als Risikoträger eine entsprechende Prämie.
Also ein Selbstläufer? Nicht in der Schweiz. Obwohl von der Grösse her ähnlich wie die Niederlande, spielen Longevity Swaps hierzulande noch keine Rolle. Jedenfalls sind spektakuläre Transaktionen bislang Fehlanzeige. «Primär werden von Pensionskassen in der Schweiz die Risiken Tod und Invalidität rückversichert, weil dort das Nutzen-Kosten-Verhältnis am ehesten stimmt», sagt Nico Fiore, Geschäftsführer des Pensionskassenverbands Interpension, der 53 Pensionskassen mit 2 Millionen Aktivversicherten vertritt. Die Prämien für Longevity Swaps wären höher, als wenn sie das Risiko selbst tragen, so Fiore.
Auch der Schweizerische Pensionskassenverband Asip als Dachverband für über 900 Pensionskassen hat laut Kommunikationschef Fredy Greuter «keine Anzeichen, dass sich unsere Mitglieder konkret mit der Rückversicherung von Langlebigkeitsrisiken beschäftigen». Und das, obwohl die Schweiz eine der höchsten Lebenserwartungen der Welt aufweist.
Klemens Binswanger von der Swiss Re bleibt dennoch zuversichtlich. Die Kapitalausstattung der Pensionskassen habe sich durch das veränderte Zinsumfeld wieder verbessert. Aber auch das Aktiven-/Rentnerverhältnis stelle verstärkt ein Problem dar. «Viele Pensionskassen werden sich immer mehr bewusst, dass Langlebigkeit tatsächlich ein Risiko darstellt und überlegen sich, entsprechende Sicherheiten einzukaufen. Wir wollen in der Schweiz eine teilautonome Lösung für das Rentenalter in den Markt bringen und stossen damit auf grosses Interesse», sagt der Rückversicherungsexperte.
Mit der teilautonomen Lösung blieben die Reserven als auch der Rentnerbestand in der ursprünglichen Pensionskasse und gewähre dieser volle Kontrolle, damit würden auch die Investitionsgewinne nicht geschmälert. Zudem könne die Swiss Re auf die Erfahrungen im Ausland zurückgreifen. Die Angel ist also ausgeworfen. Bleibt die Frage, wann der erste grosse Fisch auch in der Schweiz anbeisst.