Die Kontroverse um die Entwicklung der PK-Renten – sind sie gestiegen oder gesunken – wird auch auf dem politischen Parkett ausgefochten. Die SP möchte sich das Argument der verringerten Renten nicht nehmen lassen. In den CH-Medien heisst es dazu:
«Die schlechte Leistung der zweiten Säule ist auf die überhöhten Verwaltungskosten und die schlechten Anlagerenditen zurückzuführen», sagt SP-Nationalrat Nordmann. «Die Steigerung der Lebenserwartung hätte niemals einen derartigen Leistungsrückgang gerechtfertigt.» Der Bund schreibt die Einbussen allerdings der höheren Lebenserwartung und dem schlechten Zinsumfeld zu.
Für Nordmann ist klar: Wird die 13. AHV-Rente angenommen, brauche es eine «grundlegende Reform» der zweiten Säule. Vor allem müssten ihre Verwaltungskosten angegangen werden. «Sie belaufen sich auf 6,8 Milliarden Franken pro Jahr, wovon 5,1 Milliarden alleine auf die Vermögensverwaltung entfallen.»
Der sinkende Umwandlungssatz ist ein Grund für sinkende Renten. Es gibt aber auch einen zweiten Grund: Immer mehr neu Pensionierte ziehen einen Teil ihres Kapitals oder das ganze Kapital aus dem Pensionskassen-System ab, wie «Handelszeitung» und «Blick» aufzeigten.
Lukas Müller-Brunner, Direktor des Pensionskassenverbands Asip, bestätigt das. Er spricht von einem «exorbitant hohen Betrag». So seien 2022 11,5 Milliarden Franken abgezogen worden. «Klar ist: Wenn man Kapital bezieht und damit auf eine volle Rente verzichtet, steht weniger Geld für die Rente zur Verfügung.» In der Statistik schlage sich dies in tieferen Rentenauszahlungen nieder.
Müller-Brunner geht sogar einen Schritt weiter. Wenn es keine Kapitalbezüge gäbe, wären die Renten um das Doppelte gestiegen, sagt er: «Schaut man sich den Durchschnitt der Neurenten zwischen 2015 und 2022 an, sind diese um rund 7 Prozent gesunken. Rechnet man den Effekt aus den höheren Kapitalbezügen mit ein, wären die Renten hingegen um fast 8 Prozent gestiegen.»
Müller-Brunner kritisiert Nordmanns Rechnung der gesunkenen Renten. «Einfach Umwandlungssätze über die Zeit zu vergleichen und daraus Rentenkürzungen abzuleiten, ist nicht seriös», sagt er. «In der Realität sorgen die meisten Pensionskassen dafür, dass die Menschen das Leistungsniveau halten können.» Das geschehe auf zwei Ebenen: «Entweder schiessen sie selber Geld für Übergangsmassnahmen ein oder sie stärken langfristig den Sparprozess, damit bei der Pensionierung mehr Geld zur Verfügung steht.»
Bei der Publica, der Pensionskasse des Bundes, sind es inzwischen 50 Prozent der Versicherten, die bei ihrer Pensionierung Kapital beziehen. Das bestätigt Direktorin Doris Bianchi. «Wir beobachten einen klaren Trend hin zum Kapitalbezug in einer Mischform», sagt Bianchi. Ein Teil der PK-Gelder wird als Kapital bezogen, ein Teil als Rente. Dabei gelte eine Faustregel, sagt Bianchi: «Je tiefer das Altersguthaben einer Person bei der PK ist, desto eher bezieht sie Kapital.»
Der Trend zum Kapitalbezug habe begonnen, als die Pensionskassen das Leistungsprimat (garantierte Rente) durch das Beitragsprimat (Rente gemäss Einzahlung) ersetzten. Und er habe sich mit den Senkungen des Umwandlungssatzes verstärkt. Bianchi beobachtet, dass die Finanzindustrie die Menschen «eindeutig in Richtung Kapitalbezug» steuert.
Bianchi bestätigt: Die Pensionskassen hätten in der Regel die Sparbeiträge erhöht, um die sinkenden Umwandlungssätze zu kompensieren. Damit wird klar, dass es eben letztlich die Versicherten sind, welche die Lücken stopfen, die sinkende Umwandlungssätze verursachen. Die zweite Säule hat kein Umverteilungsmodell wie die AHV.
Der 13. AHV-Rente steht Doris Bianchi als Publica-Direktorin neutral gegenüber. Ein Fazit zieht sie dennoch: «Die Abstimmung zeigt: Die Einkommenssituation der älteren Generation ist nicht sehr transparent.»