Albert Steck ist in der NZZ am Sonntag den Frühpensionierungen nachgegangen. Sie ist teuer, leisten kann sie sich vor allem, wer beim Staat oder bei einer Bank arbeitet.
Namentlich Staatsangestellte gehen zu einem grossen Teil vorzeitig in Rente, wie eine Umfrage der «NZZ am Sonntag» bei öffentlichrechtlichen Vorsorgeinstituten zeigt. So lassen sich bei der Pensionskasse des Bundes Publica 54 Prozent der Männer frühpensionieren. Das durchschnittliche Rücktrittsalter beträgt 63,6 Jahre.
Bei den Frauen liegt der Anteil der Frühpensionierungen mit 43 Prozent etwas tiefer. Ähnliche Zahlen weist die Pensionskasse der Stadt Zürich aus, wo die Frühpensionierungsquote der Männer 55 Prozent erreicht. Auch bei staatsnahen Betrieben wie SBB oder Post bleibt nur jeder zweite Mitarbeiter bis 65 im Job. (…)
Für die Wirtschaft sei die hohe Zahl von Frühpensionierungen ein Manko, sagt der St. Galler Ökonomieprofessor Reto Föllmi. Diese verschärfe den Mangel an Fachkräften und schwäche die Altersvorsorge. Eine Ursache sieht er in den falschen Anreizen: «Hohe Steuern auf dem Faktor Arbeit haben zur Folge, dass die Erwerbstätigkeit an Attraktivität verliert», so Föllmi. «Wer sich für mehr Freizeit entscheidet, wird belohnt, weil diese keiner Steuerlast unterliegt.»
Einen weiteren Fehlanreiz ortet Föllmi darin, dass Firmen für ältere Mitarbeitende höhere PK-Beiträge bezahlen müssen, womit die Lohnkosten steigen. «Manche Unternehmen versuchen, die Angestellten mit lukrativen Angeboten in die Frühpensionierung zu locken, um sie von der Lohnliste zu entfernen.» Das könne zwar für die einzelne Abteilung von Vorteil sein, nicht aber für die gesamte Firma. «Gerade staatliche Arbeitgeber sollten versuchen, ihre Beschäftigten bis zur ordentlichen Pensionierung zu halten. Denn mit jedem Abgang entsteht eine zusätzliche Lücke auf dem Arbeitsmarkt, welche tendenziell die Zuwanderung anheizt.»
Warum lassen sich so viele Beschäftigte frühpensionieren: Ist es primär ein Wohlstandsphänomen von Personen, die im Ruhestand gut gebettet sind? Oder erfolgen die Abgänge unfreiwillig, etwa weil die Firmen ihre Angestellten hinausdrängen? Eine neue Umfrage des Versicherers Swiss Life kommt zu dem Schluss, dass der erste Faktor überwiegt.
Als Motiv für ihre Frühpensionierung gaben 45 Prozent der Befragten an, sie wollten den Ruhestand geniessen. 32 Prozent erklärten zudem, sie könnten es sich finanziell gut leisten, nicht länger zu arbeiten. Erst an dritter Stelle folgte die Begründung, die schlechte Gesundheit oder fehlende Energie hätten zu diesem Schritt geführt. Sogar nur 15 Prozent führten betriebliche Ursachen an, wobei die Befragten mehrere Antworten geben konnten.
Ein Blick auf die verschiedenen Branchen zeigt, dass ein guter Lohn die Frühpensionierung eher begünstigt. Insgesamt gehen laut Bundesstatistik 39 Prozent der Angestellten ein Jahr vor der ordentlichen Pensionierung in Rente. Höher ist dieser Anteil in der öffentlichen Verwaltung mit 46 Prozent – welche mit überdurchschnittlichen Gehältern hervorsticht. Gemäss einer Untersuchung des Instituts IWP der Universität Luzern erreicht man in der Bundesverwaltung einen mittleren Jahreslohn von 120 000 Franken, während die Privatwirtschaft knapp 90 000 Franken zahlt. Bei gleicher Qualifikation beträgt die Lohnprämie beim Bund 12 Prozent.