Peter A. Fischer hat in der NZZ höchst interessante Daten zur Einstellung der Menschen zur Arbeit, genauer zur Erwerbsarbeit, zusammengestellt. Die weltweite Entwicklung zeigt, dass die Menschen immer weniger ihrer Zeit dafür aufwenden wollen. Gleichzeitig nehmen die krankheitsbedingten Absenzen zu. Die Gründe dafür sind vielfältig und nicht immer eindeutig. Je nach Land gibt es grosse Unterschiede. Abschliessend listet Fischer eine Reihe von Vorschlägen auf, wie dieser Entwicklung entgegengewirkt werden kann.
In ganz Europa ist ein Wandel hin zur Freizeit- und Anspruchsgesellschaft zu beobachten. Die Anzahl der geleisteten Arbeitsstunden hat sich in allen entwickelten Ländern seit der Jahrtausendwende reduziert.
Am ausgeprägtesten war dies in Österreich mit 151 Stunden der Fall (was rund 19 Arbeitstagen entspricht); in Deutschland hat sich die durchschnittliche Jahresarbeitszeit in den vergangenen 23 Jahren um 76 Stunden verringert.
Aber auch die Schweizer Erwerbstätigen sind träger geworden. Sie arbeiten im Schnitt 138 Stunden weniger als im Jahr 2000. Nach wie vor sehr unterschiedlich sind allerdings die Niveaus: Der durchschnittliche amerikanische Arbeitnehmer verbringt mit 1810 Stunden weit über ein Drittel mehr Zeit bei der Arbeit als der Deutsche mit seinen 1301 Stunden.
Und auch der durchschnittliche Schweizer arbeitet über 200 Stunden mehr pro Jahr als der Deutsche, der in Europa arbeitsscheuste Arbeitnehmende.
Dass auch die Schweizer im Durchschnitt deutlich träger geworden sind, hängt nicht zuletzt mit der zunehmenden Verbreitung von Teilzeitarbeit zusammen.
Wobei die OECD, um Ländervergleiche anstellen zu können, nur diejenigen zu den Teilzeiterwerbstätigen rechnet, die weniger als 30 Stunden pro Woche in ihrer Hauptbeschäftigung arbeiten. In Deutschland sind dies inzwischen 19, in Österreich 20 und in der Schweiz 22 Prozent. (…)
Der Hang zu mehr Ferien und weniger Arbeit ist aber weder bloss ein Wohlstandsphänomen noch nur ein Resultat veränderter Arbeitsteilung in den Familien. Er hat auch damit zu tun, dass sich das Arbeiten zu wenig lohnt.
Das zeigt sich exemplarisch an der durchschnittlichen Steuerbelastung. Erhält in einer Familie mit zwei Kindern der Erstverdiener ein durchschnittliches Einkommen und der Zweitverdiener zwei Drittel davon, so verschwinden in Italien von jedem zusätzlich erarbeiteten Euro 56 Prozent ans Steueramt. Italien bestraft damit durchschnittliche Doppelverdiener mit Kindern in Europa (zusammen mit Belgien) am stärksten. In Österreich sind es 48 Prozent. Bedenkt man, mit wie viel Kosten eine zusätzliche Erwerbstätigkeit gerade für Familien mit Kindern verbunden ist, wird diese oft schlicht zum Negativgeschäft. (…)
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