nzzHansueli Schöchli, zurück aus Brüssel, kann angesichts der 13. AHV-Renten-Initiative des SGB in der NZZ wieder aus dem Vollen schöpfen. Unter den Titel “Wie die Umverteilungsmaschine AHV funktioniert – das unbequeme Geheimnis des Sozialwerks” schreibt er:

Die AHV ist eine riesige Umverteilungsmaschine. Die Umverteilungen sind angesichts der Komplexität der Finanzströme schwer zu durchschauen. Das System ist überdies anfällig auf demografische Veränderungen: Die heutigen Erwerbstätigen zahlen für die heutigen Rentner, und die Erwerbstätigen von morgen sollen die Rentner von morgen finanzieren. Das funktioniert gut, solange die Erwerbsbevölkerung im Verhältnis zur Rentnerbevölkerung genügend gross ist und die Reallöhne deutlich wachsen. Diese Bedingungen trafen nach der Gründung der AHV 1948 lange zu.

Doch die Situation hat sich verändert. Die Geburtenrate ist zurückgegangen, die Löhne steigen nicht mehr so stark wie in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg, und die laufende Zunahme der Lebenserwartung steigert ohne Erhöhung des Rentenalters automatisch die Rentenverpflichtungen des Sozialwerks. Umgerechnet auf Vollzeitstellen kamen 1991 auf jeden über 65-Jährigen rund drei 20- bis 64-jährige Erwerbspersonen; 2022 war das Verhältnis trotz gestiegenen Erwerbsquoten nur noch 1 zu 2,3. Dieses Verhältnis dürfte sich in den kommenden Jahrzehnten noch deutlich verschlechtern, weil die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und die Lebenserwartung wahrscheinlich weiter steigt. (…)

Besonders gut versteckt ist die Umverteilung von Jung zu Alt, so dass niemand genau sagen kann, wie hoch diese Umverteilung ist. Für das Verständnis der politischen Mechanismen in der Altersvorsorge ist ein Befund zentral: Die Wirkungen politischer Massnahmen zur AHV auf die Umverteilungskanäle von oben nach unten und von Jung zu Alt verlaufen typischerweise im Gleichklang: Was die Umverteilung von oben nach unten erhöht, erhöht auch die Umverteilung von Jung zu Alt. Und was die Umverteilung von Jung zu Alt bremst, bremst auch die Umverteilung von oben nach unten.

Politische Parteien von links bis rechts haben ein Interesse, die Älteren zulasten der Jungen stark zu subventionieren, denn über 60 Prozent der Urnengänger sind mehr als 50 Jahre alt. Die Linke will zudem die Umverteilung von oben nach unten maximieren und hat deshalb ein doppeltes Interesse, die AHV-Maschinerie laufend auszubauen.

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