imageOliver Dichter, Leiter Asset Liability Management von PPCmetrics, hat HZ Insurance ein Interview zur aktuellen Lage und der Zukunft der PKs gegeben. Auszüge.

[Hat] sich die finanzielle Lage der Pensionskassen im Jahr 2022 im Durchschnitt gar nicht wirklich verschlechtert?
Nicht wirklich, denn alles, was auf der Anlageseite der Bilanz einer Pensionskasse verloren ging, ging ja quasi ebenso aufseiten der Verpflichtungen verloren. Insofern haben sich die Bilanzen, wenn man sie ökonomisch oder marktnah bewertet, nicht stark verschlechtert.

Inwieweit kommt ein Umfeld steigender Zinsen, wie wir es jetzt sehen, den schwächelnden PK zugute?
Das höhere Zinsumfeld führt dazu, dass Kassen, die in Unterdeckung geraten sind, die also keine Wertschwankungsreserven mehr haben und deren Deckungsgrad unter 100 Prozent liegt, nun aus der Unterdeckung aufsteigen können, indem sie eine Minderverzinsung vornehmen. Wenn eine Kasse zu dieser harten Massnahme greift und in einem positiven Zinsumfeld eine Nullverzinsung ansetzt, dann erzielt sie dadurch selbst ohne jedes Anlagerisiko eine Differenz zur erwarteten Rendite und kann mit einer Sanierungswirkung rechnen.

Wohingegen in einem Negativzinsumfeld eine Nullverzinsung nur eine sehr begrenzte Wirkung hat, da bei Negativzinsen selbst eine Nullrendite nur mit dem Eingehen von Anlagerisiken erwirtschaftet werden kann. Deshalb war die Sanierungsfähigkeit der Kassen in den letzten Jahren stark eingeschränkt und fast nur noch über Sanierungsbeiträge gegeben, was eine noch stärkere Massnahme darstellt als eine Nullverzinsung.

Fordert die seit der Zinswende wiedergekehrte Teuerung einen Handlungsbedarf seitens der Pensionskassen?
In der Schweiz haben wir den Vorteil, dass die Pensionskassen einen Teuerungsausgleich nur dann leisten müssen, wenn es die finanzielle Lage der Kasse erlaubt. Die Teuerung ist daher nur ein bedingtes und begrenztes Risiko für die Pensionskassen. Viel schlimmer sind deflationäre Szenarien mit negativen Zinsen. Der Grund dafür ist, dass die einmal gesprochenen, nominell fixierten Renten im Nachhinein nicht mehr reduziert werden können.

Wie beurteilen Sie die BVG-Reform, die zur Abstimmung steht?
Die Reform geht in die richtige Richtung, weil sie die Situation für Teilzeiterwerbende verbessert (siehe Seite 26) und den vergleichsweise hohen Umwandlungssatz im Obligatorium den Marktverhältnissen angleicht. Jedoch sind die Übergangsregelungen sehr grosszügig und komplex in der Umsetzung.

Die Babyboomer kommen mehr oder weniger schadlos durch die Reform. Das ist aus direktdemokratischen Gründen für die Generierung einer politischen Mehrheit nachvollziehbar, aber führt dazu, dass das primäre Ziel, die Umverteilung zwischen den Generationen zu bremsen, nur sehr begrenzt erreicht wird.

  Interview Dichter