Lieber Andri Silberschmidt

Sie gehören zu den Befürwortern dieser Reform, die nicht nur bei den Gewerkschaften, SP und Grünen heftige Kritik auslöst, sondern auch bei den PK-Experten. Noch offen ist, wie der ASIP zu dieser Reform Stellung bezieht. Aktuell läuft eine Konsultation bei den Mitgliedern. Auch ich habe mich an dieser Stelle wiederholt kritisch geäussert.

Von den vielen Elementen, die aus meiner Sicht zu kritisieren sind, möchte ich eines herausheben: Die Kompensation der UWS-Senkung. Sie hätte – wie der ASIP nachgewiesen hat – für die Minderheit der tatsächlich Betroffenen weitgehend aus den Rückstellungen der Pensionskassen finanziert werden können. Nun soll die Hälfte der Neupensionierten einen Zuschlag erhalten, mit zentraler Finanzierung und Lohnprozenten. Das Anrechnungsprinzip wurde gegen jede Vernunft aufgegeben. Der Zuschlag wird lebenslang ausgerichtet, ist aber begrenzt auf 15 Jahrgänge nach Inkraftsetzung der Revision.

Zu befürchten ist, dass man nach diesen 15 Jahren einen neuen, dringenden und unbestreitbaren Bedarf für die Mittel finden wird. Das im Kern einfache System des individuellen Sparens wird unterlaufen, ein institutionalisierter und kollektiver Umverteilungsmechanismus installiert. Ganz abgesehen davon, dass die Umsetzung zahllose ungelöste Probleme stellt und die PK-Führung verteuert.

Mit dem System-Argument läuft man Gefahr, als Verteidiger der reinen Lehre verspottet zu werden, das nehme ich in Kauf. Aber wir sollten nicht ohne Notwendigkeit die Grenze zwischen der 1. und 2. Säule verwischen. Diese ziehen ihre Berechtigung aus ihren spezifischen Eigenheiten, welche für die Stabilität des Systems entscheidend sind. «Wehret den Anfängen» ist in diesem Zusammenhang eine gut helvetische und bedenkenswerte Warnung.

Peter Wirth, E-Mail

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imageLieber Herr Wirth
Bei allem Verständnis Ihrer Kritik an der Kompensation der UWS-Senkung erlaube ich mir eine politische Beurteilung der Vorlage. Die Reform der beruflichen Vorsorge erfüllt viele langjährige Forderungen:
– Der Umwandlungssatz soll endlich auf 6% gesenkt werden. Das baut die ungewollte Umverteilung zu Lasten der Erwerbstätigen ab.
– Der Koordinationsabzug wird ebenfalls gesenkt und soll neu 20% betragen. Damit werden tiefe Löhne und Mehrfachbeschäftigte besser versichert.
– Die Eintrittsschwelle wird auf CHF 19’845 gesenkt, womit mehr Personen Zugang in die berufliche Vorsorge erhalten. Eine Rente aus der zweiten Säule reduziert das Armutsrisiko in der Pensionierung erheblich.
– Die Altersgutschriften sollen nur noch eine Schwelle bei 45 Jahren kennen und neu 9 resp. 14 % betragen. Ältere Arbeitnehmende sollen nicht noch zusätzlich belastet werden.

Wenn man die Reform ablehnt, lehnt man alle diese wichtigen Änderungen ab. Die zweite Säule soll nicht nur für Gutverdienende funktionieren, sondern auch das Leistungsversprechen bei tiefen und mittleren Einkommen erfüllen können.

Jetzt kommen wir zu dem verflixten «Rentenzuschlag» für 15 Jahrgänge. Natürlich ist auch der mir ein Dorn im Auge. Die gefundene Lösung ist ein Mittelweg zwischen keiner Kompensation (das hat das Volk vor 10 Jahren wuchtig abgelehnt) und einer Kompensation für alle (Bundesratsvorschlag, den wir zum Glück verhindern konnten). Ab einem Vorsorgeguthaben von CHF 441’000 erhält man keinen Zuschlag. Ich habe aber gewisses Verständnis, dass die Personen mit einem tiefen Guthaben, welche jahrelang die Umverteilung aufgrund des zu hohen Umwandlungssatzes mitfinanzieren mussten, auch einen Zuschlag erhalten sollen.

Wollen wir nun deswegen die Reform ablehnen? Ist der Status Quo denn besser? Vergessen wir nicht, dass eine Reformunfähige zweite Säule Wasser auf den Mühlen derjenigen ist, welche die berufliche Vorsorge abschaffen und in die AHV überführen wollen (Volkspension). Das will ich nicht!

Beste Grüsse
Andri Silberschmidt, E-Mail

Wird fortgesetzt.