nzzIn seinem Kommentar zum Start des Referendums gegen die BVG-Reform geht Hansueli Schöchli in der NZZ wenig pfleglich mit den Gewerkschaften um. Zu recht. “Ehrlichkeit ist in der Politik der Altersvorsorge weiterhin kaum mehrheitsfähig”, schreibt er.

«Mehr bezahlen für weniger Rente»: Dieses Schicksal scheint die Versicherten in der zweiten Säule der Altersvorsorge zu erwarten, wenn die vom Parlament beschlossene Pensionskassenreform in Kraft tritt. Das behaupten jedenfalls die Gewerkschaften, die am Freitag ihre Referendumskampagne gegen die Reform lanciert haben.

Damit schreiben die Gewerkschafter im dicken Buch der Verlogenheit in der Politik der Altersvorsorge ein weiteres Kapitel. Die Reform bringt entgegen den Behauptungen keinen «Abbau» und keine Senkung des Wohlstands für die Versicherten. Die Vorlage verändert nur die Verteilung.

Doch die Umverteilungen in der Altersvorsorge sind versteckt. Und die populären Medien leisten viel zu wenig Aufklärungsarbeit – kraft einer Mischung aus politischer Linkslastigkeit, geschäftlichem Kalkül und Denkfaulheit. So können die Gewerkschaften mit grossen Erfolgsaussichten dem Publikum Sand in die Augen streuen: Sie fokussieren sich auf süffige Beispiele von Verlierern, blenden die Gewinner aus und verschweigen die chronischen Quersubventionierungen der Rentner zulasten der Jüngeren. Und die Kritiker unterschlagen, dass in einem nachhaltigen System für die Generationengerechtigkeit das ordentliche Rentenalter mit der Lebenserwartung steigen müsste. (…)

Die Pensionskassenreform ist kein Meisterwerk. Die Senkung der Rentengarantien wäre zwar überfällig. Doch die Vorlage erhält für viele 50- bis 64-jährige Versicherte einen Rentenzuschlag – also ein neues Privileg als Ausgleich für die Verkleinerung des bisherigen Privilegs. Zudem erhalten auch manche Versicherte einen Zuschlag, deren ordentliche Jahresrente von der Reform gar nicht betroffen ist.

Vor allem deshalb lehnt auch die Schweizerische Kammer der Pensionskassenexperten die Reform ab. Die Experten sagen inhaltlich das Gegenteil der Gewerkschaften, doch in der Ablehnung sind die beiden Gruppen vereinigt. Und politisch viel bedeutender: Der Ausbau der Vorsorge mit höheren Lohnabzügen sorgt auch für Opposition der Bauern und von Teilen des Gewerbes. Die unheilige Allianz von Gegnern ist für die Reform eine nur schwer überwindbare Hürde.

  NZZ