Die Tamedia-Medien haben dank ihr zugespielten Unterlagen frühzeitig Kenntnis von Plänen im Finanzdepartement für Einsparungen bei der AHV erhalten, was naturgemäss zu einem Aufschrei bei SP und Gewerkschaften geführt hat. Der Tages-Anzeiger schreibt dazu:

Der Widerstand von SP und Gewerkschaften ist dem Bundesrat denn auch sicher. «Falls der Bundesrat wirklich bei der AHV-Finanzierung sparen will, ist das sehr dreist», sagt Urban Hodel, Sprecher des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Viele Rentnerinnen und Rentner müssten wegen des ungenügenden AHV-Teuerungsausgleichs jeden Franken umdrehen. «Der Bundesrat ignoriert das komplett, wenn er jetzt ausgerechnet bei der AHV sparen will – und damit dort, wo es die Leute am dringendsten brauchen.»

Kritik muss Finanzministerin Keller-Sutter aber auch gewärtigen, weil mit der Kürzung der AHV-Beiträge am 2018 geschlossenen Staf-Deal geritzt wird. Der Sparvorschlag kommt zudem, ein halbes Jahr nachdem das Volk der AHV-Reform mit Frauenrentenalter 65 und höheren Mehrwertsteuern zugestimmt hat.

Ziel dieser Vorlage ist es, die Rentenfinanzierung bis 2030 zu sichern. Zwar ist mit der Reduktion des AHV-Bundesbeitrags keine Kürzung der Altersrenten oder eine andere Sparmassnahme vorgesehen. Aber sie erhöht mittelfristig den Spardruck bei der AHV, indem dem Sozialwerk vorübergehend 0,3 Prozent der Einnahmen entzogen werden.

Die NZZ hält dagegen:

Am Mittwoch hat der Bundesrat alle Spekulationen beendet: Er hält am ursprünglichen Plan fest. Die Ausgaben der AHV für Witwenrenten sollen um mindestens 500 Millionen Franken reduziert werden. Der einzige Unterschied zum Vorentscheid vom Februar besteht beim Fahrplan: Die Kürzungen sollen erst ab 2026 statt 2025 greifen. Von der vorab ventilierten Kürzung des Bundesbeitrags ist keine Rede.

Die geplanten Kürzungen dürften noch viel zu reden geben. Witwen und Witwer sollen in Zukunft grundsätzlich nur noch so lange eine Rente erhalten, bis ihr jüngstes Kind 25 Jahre alt ist. Hintergrund ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das die Schweiz verpflichtet, die Benachteiligung der Witwer gegenüber den Witwen zu beseitigen. Der Anspruch der Witwer erlischt heute bereits am 18. Geburtstag des jüngsten Kinds, verwitwete Mütter hingegen erhalten auch mit erwachsenen Kindern unbefristet eine Rente. Selbst kinderlose Frauen kommen zum Zug, falls sie über 45 Jahre alt sind und die Ehe mindestens fünf Jahre gedauert hat.

Darüber hinaus plant der Bundesrat weitere Leistungskürzungen bei den AHV-Kinderrenten für pensionierte Eltern. Sie sind mit durchschnittlich 770 Franken im Monat wesentlich höher als die Kinderzulagen für Eltern im Erwerbsalter. Die Kinderrenten stehen schon länger in der Kritik. Zuletzt sah das Parlament von Kürzungen ab, um die dringend notwendige AHV-Reform nicht zusätzlich zu erschweren. Dasselbe gilt für die Witwenrenten.

  TA / NZZ