Die CH-Medien kommentieren die Situation bei der BVG-Reform und benützen nicht ganz falsch den Ausdruck “Tragik”. U.a. in der Aargauer Zeitung (AZ) heisst es:

Und es lässt sich nicht schönreden, die Reform der zweiten Säule steht abermals unter keinem guten Stern. Zwar einigten sich im Sommer 2019 die Sozialpartner überraschend auf eine Reformvorlage. Doch ausser SP, Grünen und Gewerkschaften konnte sich niemand damit anfreunden. Die Idee, allen Neurentnerinnen und Neurentnern einen Rentenzuschlag bis zu 200 Franken zu schenken, war für GLP, Mitte, FDP und SVP schlicht zu teuer.

Auch der Weg der Pensionskassen-Vertreter war vorgezeichnet: Die Reform soll schlank über die Bühne gehen. Denn die Mehrheit der Kassen hat heute gar kein Problem mit der Rentenfinanzierung. Die meisten haben die längere Lebenserwartung ihrer Versicherten ausgeglichen, indem sie die Lohnbeiträge erhöht und die Umwandlungssätze gesenkt haben. Genau das soll nun die Reform auch bei jenen Kassen durchsetzen, die Personen im BVG-Minimum versichern.

Die schlanke Lösung sah vor, nur jenen Erwerbstätigen einen Ausgleich zu finanzieren, die tatsächlich von der Reform betroffen sind, das sind etwa 15 Prozent der Versicherten. Für Linke und Gewerkschaften war das von Beginn weg zu knausrig. Aber auch GLP, Mitte bis hin zur FDP boten Hand, das Ziel des Rentenerhalts zu überbieten und auch kleinere Renten aufzubessern, namentlich jene von Frauen.

So sind wir beim gut schweizerischen Kompromiss angelangt: Etwa die Hälfte der Neurentner soll während fünfzehn Jahren einen Rentenzuschlag erhalten. (…)

Es ist die Tragik des Kompromisses: Am Schluss ist niemand vollkommen zufrieden. Für Bauern, Gewerbe, Gewerkschaften, Pensionskassen überwiegen die Nachteile.

Zwar unterstützen die bürgerlichen Parteien die Reform mehrheitlich. Doch die Lobby für die Betroffenen ist klein. Für Personen, die bei Minimalkassen versichert sind, führt der Reformstau zu einem Rentenverlust. Sie müssen weiterhin die Renten der Pensionierten mit rund 4,7 Milliarden pro Jahr quersubventionieren. Und das Problem nimmt künftig nicht ab, sondern zu.

Zweitens erhalten Personen mit mehreren Arbeitgebern, die Teilzeit arbeiten oder wenig verdienen neu eine deutlich bessere Altersrente. 100’000 Personen werden neu versichert. Es sind dies vor allem Frauen, die bislang keine zweite Säule haben.

Trotz Mängeln bleiben also zwei wichtige und nötige Reformschritte, für die es sich zu kämpfen lohnt.