Der bürgerliche Schulterschluss scheint zu halten: Die Reform der beruflichen Vorsorge soll in der Märzsession abgeschlossen werden. SVP allerdings mit Vorbehalten. Bundeshausredaktor Fabian Schäfer schreibt in der NZZ:
Und wieder zeichnet sich dieselbe Konstellation ab wie bei der AHV: Die Linke kämpft gegen das geschlossene bürgerliche Lager inklusive GLP. Die Gewerkschaften haben bereits das Referendum angekündigt, obwohl noch unklar ist, wie die Vorlage genau aussieht. Im Zentrum steht die Reduktion des gesetzlichen Umwandlungssatzes, der über die Höhe neuer Renten entscheidet. Der Satz soll mit Blick auf Anlagerenditen und Lebenserwartung von 6,8 auf 6 Prozent sinken. Die meisten Pensionskassen haben schon lange tiefere Sätze, weil ihre Leistungen über das gesetzliche Minimum hinausgehen.
Umstritten ist die Frage, ob die Reduktion nur für die unmittelbar betroffenen Versicherten kompensiert werden soll oder darüber hinaus. Wie die Kommissionsentscheide zeigen, dürften sich in diesem Streitpunkt innerhalb des bürgerlichen Lagers diejenigen Kräfte durchsetzen, die eine «sozialere» Lösung fordern. Die Mehrheit will in der 15-jährigen Übergangsphase mehr Rentenzuschläge verteilen als vom Nationalrat letztes Jahr beschlossen. Die Kommission übernimmt hier den Vorschlag des Ständerats.
Die Kosten der Kompensationen steigen damit im Vergleich zum ursprünglichen Entscheid des Nationalrats von 9,1 auf 11,7 Milliarden Franken. In den Genuss der Zuschläge käme etwa die Hälfte der Versicherten der fraglichen Jahrgänge, auch wenn sie von der Reduktion des gesetzlichen Umwandlungssatzes möglicherweise gar nicht betroffen sind. Finanziert werden diese Zuschläge zum Teil durch sämtliche Angestellten im Land.
Der zweite Streitpunkt wird noch viel zu reden geben. Hier geht es um die Frage, welcher Teil des Lohns mindestens versichert werden muss (Koordinationsabzug). Dass es eine Ausweitung gibt, ist absehbar, das Ausmass und die Details sind aber offen. Mutmasslich setzt sich auch hier der Ständerat durch, der den Lohnanteil neu in Prozent statt in Franken definieren will, vor allem um Personen mit Teilzeitpensen besser abzusichern. Diskutiert werden Werte von 60 bis 85 Prozent.
Die Entscheide der Kommission sind wegweisend. Sie legen den Schluss nahe, dass der bürgerliche Schulterschluss allen Unkenrufen zum Trotz halten dürfte. SVP, FDP, Mitte und GLP scheinen entschlossen zu sein, die Vorlage gemeinsam zum Abschluss zu bringen. Aber noch ist nicht aller Tage Abend.
Eine entscheidende Rolle spielt die SVP. Ursprünglich hatte sie deklariert, die Version des Nationalrats sei für sie das Mass aller Dinge. Nun zeichnet sich jedoch ab, dass die Reform markant teurer wird, schon nur wegen der Rentenzuschläge für die Übergangsgeneration. Das Gewerbe und die Bauern sind zudem skeptisch, weil die Kosten der Vorsorge durch die Ausweitung im Tieflohnbereich dauerhaft steigen würden. In der SVP-Fraktion sind gewerbliche und bäuerliche Kreise gut vernetzt. Kann es sein, dass die SVP vorderhand gute Miene macht und die Reform in der Schlussabstimmung trotzdem ablehnt?
«Im Gegensatz zu Links-Grün sind wir kompromissbereit und bieten Hand zu einer vernünftigen Lösung», sagt der SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi. «Es ist wichtig, dass die bürgerlichen Parteien eine mehrheitsfähige Reform zustande bringen.» Um die Chancen an der Urne zu verbessern, sei die SVP bereit, höhere Kosten in Kauf zu nehmen als ursprünglich vorgesehen. Es sei eine Frage des Masses.
Die zurzeit vorgesehenen Kompensationen für die Übergangsgeneration gehen allerdings aus Aeschis Sicht zu weit. Die Kosten seien sehr hoch, das sei unfair gegenüber den jüngeren Generationen. Die SVP will den Nationalrat dazu bringen, doch noch an der günstigeren Variante festzuhalten.