Die Sozialpartner und auch die Versicherer sind nicht zufrieden mit dem Entscheid des Bundesrats, den BVG-Mindestzins um ein Viertelprozent-Punkt zu erhöhen. Wie üblich ist es entweder zu viel oder zu wenig.

Arbeitgeberverband: Die Berechnung mit der festgelegten Formel ergibt für das Jahr 2024 einen tieferen BVG-Mindestzinssatz. Es ist zudem damit zu rechnen, dass auch zu Beginn des Jahres 2024 die Stimmung an den Finanzmärkten aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Ausgangslage weiterhin gedrückt sein wird und allenfalls mit weiteren Korrekturen und Verwerfungen zu rechnen ist. Mit einer merklichen Erholung ist frühestens im weiteren Verlauf des Jahres 2024 zu rechnen.

Gestützt auf die aktuelle Situation hätte der Mindestzinssatz deutlich unter der Grenze von 1,0 Prozent zu liegen kommen müssen. Die Finanzierung der Leistungen in der beruflichen Vorsorge bleibt für die Pensionskassen entsprechend schwierig. Dies gilt insbesondere für das BVG-Obligatorium. Dass zuerst die zuständige Kommission und nun auch der Bundesrat trotz dieser starken Argumente den BVG-Mindestzinssatz nicht zumindest unverändert belassen hat, ist unverständlich.

Gewerkschaftsbund: Das Gesetz ist eigentlich klar: der Mindestzins ist so festzulegen, dass die Anlageerträge der Pensionskassen den Versicherten gutgeschrieben werden. Doch der Mindestzins hinkt den tatsächlich erwirtschafteten Renditen seit Jahren weit hinterher. Seit rund einem Jahr liegt er sogar tiefer als der risikolose Zins einer 10-jährigen Bundesobligation. Der Bundesrat erklärt mit seinem heutigen Entscheid, dass das weiter so bleiben soll. Für die Arbeitnehmenden ist das fatal – insbesondere für Erwerbstätige über 50 Jahren. Neben einer ungenügenden Lohnentwicklung droht ihnen nun bereits zum zweiten Mal in Folge eine Entwertung ihrer Altersguthaben.

Versicherungsverband: Für den SVV ist eine Erhöhung des Mindestzinssatzes angesichts des niedrigen Formelwerts unverständlich. «Ein Aufschlag von über 0,7 Prozentpunkten ist sachlich nicht gerechtfertigt», hält Urs Arbter, Direktor des SVV, fest. «Es ist ein Entscheid, der die Situation nicht berücksichtigt, in der sich ein Teil der Vorsorgewerke aufgrund der bestehenden regulatorischen und ökonomischen Rahmenbedingungen befindet.»

Leidtragende dieses Aufschlags sind BVG-nahe Vorsorgeeinrichtungen (unter anderem Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen) sowie Kollektivlebensversicherer. Die BVG-Kommission hielt bei Bekanntgabe der Empfehlung zu Recht fest, dass nicht die ganze Rendite einer Vorsorgeeinrichtung für die Mindestverzinsung verwendet werden kann. Vielmehr haben die Vorsorgeeinrichtungen die gesetzliche Pflicht, Wertschwankungsreserven zu bilden, die notwendigen Rückstellungen vorzunehmen und die gesetzlichen Rentenanforderungen zu erfüllen.

Der finanzielle Spielraum BVG-naher Vorsorgeeinrichtungen ist durch den hohen Umwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge stark strapaziert. Sie sind daher ganz besonders auf einen realistischen Mindestzinssatz angewiesen. «Die Anhebung des Mindestzinssatzes macht die Reform der zweiten Säule, insbesondere die Absenkung des Umwandlungssatzes, noch dringlicher», ergänzt Arbter mit Blick auf das nächste Jahr. Da gegen die vom Parlament beschlossene Reform des BVG das Referendum ergriffen wurde, wird sie im nächsten Jahr zur Abstimmung kommen. Der SVV setzt sich für eine Annahme der BVG-Reform ein, um die berufliche Vorsorge den veränderten gesellschaftlichen Gegebenheiten anzupassen und die Rahmenbedingungen für BVG-nahe Vorsorgeeinrichtungen sowie Kollektivlebensversicherer zu verbessern.

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