In AWP Soziale Sicherheit Nr. 18/2023 befasst sich Susanne Kapfinger mit der umstrittenen OAK-Mitteilung Nr. 02/2023, welche den Sammelstiftungen in Unterdeckung eine verstärkte Einschränkung bei der Festsetzung des technischen Zinses vorschreibt. Zusätzlich hat sie zwei Kurz-Interviews mit Manfred Hüsler, Direktor der OAK, und Nico Fiore, Geschäftsführer der inter-pension, geführt.
In ihrem Beitrag schreibt Kapfinger;
Der Handlungsspielraum bei der Verzinsung der Vorsorgegelder von Aktiv- versicherten wird abgesteckt durch den Artikel 46 BVV2. Gemäss Gesetz dürfen Leistungsverbesserungen nur vorgenommen werden, wenn genügend Reserven vorhanden sind. Das ist dann der Fall, wenn die Wertschwankungsreserven mindestens zu 75 Prozent geäufnet sind.
Wann eine Leistungsverbesserung vorliegt, präzisiert die OAK nun in der Mitteilung 2/2023 neu: eine Verzinsung, die höher ist als der gewichtete Durch- schnitt der technischen Zinssätze aller Vorsorgeeinrichtungen. Vorher lag eine Leistungsverbesserung vor, wenn die Verzinsung höher war als der maximal zugelassene technische Zinssatz gemäss Fachrichtlinie FRP 4. (…)
Zu den Auswirkungen auf die Sammelstiftungen heisst es:
Die Reaktionen einzelner Einrichtungen sind durchzogen: «Die neue Regelung wirkt sich in naher Zukunft nicht auf unsere Verzinsungsentscheide aus», sagt Beatrice Rychen, Leiterin Unternehmenskommunikation der Pensionskasse des Bundes Publica. Die aktuelle Unterdeckung und die Performance liessen kaum eine Verzinsung über dem BVG-Mindestzinssatz zu.
Axa Leben erachten die Verzinsungsgrenze als nicht zielführend: «Die Regelung ist zu restriktiv, insbesondere bei Kassen mit guter Struktur», sagt Mirjam Eberhard, Mediensprecherin bei Axa.
Manfred Hüsler sagt in seinem Interview:
Susanne Kapfinger: Das PK-Netz, warnt, die neue Vorschrift könne falsche Anreize schaffen, indem es für Kassen nun interessant ist, den technischen Zinssatz zu erhöhen und den Zielwert der Wertschwankungsreserven möglichst tief anzusetzen.
Manfred Hüsler: Diese Gefahr er- achten wir als sehr gering, da die Verzinsungsgrenze auf dem Durch- schnitt der technischen Zinssätze aller Vorsorgeeinrichtungen beruht. Eine einzelne Vorsorgeeinrichtung beeinflusst den Durchschnittswert nicht. Zudem gibt es fachliche Vor- gaben, wie der technische Zinssatz und die Höhe der Wertschwankungsreserven festzulegen sind.
Die Beaufsichtigten halten die Regulierung für zu restriktiv.
Im Vergleich zu der bisherigen Regelung ist die neue Definition tatsächlich strenger. Jedoch wurde der Zweck des Artikels 46 BW 2 nicht mehr erfüllt. Die Definition des Begriffs der Leistungsverbesserung nach Artikel 46 BW 2 liegt in der Verantwortung der OAK BV. Eine Anpassung war entsprechend unabdingbar.
Der Verband Inter-Pension empfiehlt seinen Mitgliedern die neue Regelung nicht zu beachten. Alarmiert Sie das?
Dass ein Verband seine Mitglieder dazu auffordert, Mitteilungen der OAK BV zu ignorieren, ist tatsächlich neu. Ob die Präzisierungen von den Vorsorgeeinrichtungen umgesetzt werden, wird von den regionalen Aufsichtsbehörden überprüft.
Ein weiterer Vorwurf der Verbände: Sie wurden nicht angehört.
Bei Weisungen, die in der Regel grössere Regulierungsvorhaben darstellen, werden öffentliche Anhörungen durchgeführt. Bei der Erarbeitung von Mitteilungen werden die regionalen Aufsichtsbehörden, Organisationen und Verbände punktuell beigezogen. Dies ist auch hier geschehen.
Nico Fiore hält dagegen:
Susanne Kapfinger: Gibt es den schädlichen Wettbewerb unter Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen?
Nico Fiore:: Eine schädliche Form des Wettbewerbs ist mir unter Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen nicht bekannt. Im Gegenteil: Die zurzeit bestehende Form des Wettbewerbs regt Innovation an, fördert die Effizienz, senkt die Kosten und verbessert die allgemeine Qualität der Einrichtungen. Folglich sehe ich keinen akuten Handlungsbedarf für eine weitere Regulierung.
Warum?
Es gibt keinen Anlass für eine Ver- schärfung der bisherigen Handha- bung. Die Deckungsgrade sind zwar im letzten Jahr gefallen, aber dies ist auf die Anlagemärkte zurückzuführen und nicht auf eine zu ausgiebige Ver- zinsungspolitik. Massnahmen, welche die Sicherheit des Systems stärken, sind aus meiner Sicht zu begrüssen, dürfen aber den Ermessensspielraum des Stiftungsrates nicht einschränken.
Was schlagen Sie vor?
Eine Obergrenze für Verzinsungen – sollte dies das Mittel der Wahl sein – darf nicht zu niedrig angesetzt werden. Weil dies sonst zu Folgeproblemen führt. Zum Beispiel: Ungleichbehandlung von Aktiven und Rentenbezügern oder manelnder Inflationsausgleich. Mein Vorschlag wäre, die jetzige Mitteilung zurückzunehmen und eine Anhörung der interessierten Kreise durchzuführen.
Was bewirkt die neue Verzinsungsobergrenze?
Das Abstellen auf einen Durchschnitt führt dazu, dass Einrichtungen, die gut aufgestellt sind und sich eine besse- re Verzinsung leisten könnten, eingeschränkt werden. Dagegen haben Einrichtungen, die aufgrund ihrer Struktur oder finanziellen Lage auf eine Leistungsverbesserung verzichten sollten, weiterhin ein hohes Potenzial für eine Besserverzinsung. Diese neue Regelung berücksichtigt nicht die individuelle Situation der Enrichtungen, obwohl sie bei der Zinsfestlegung einzubeziehen ist.