Abbildung 1: AHV 21 reduziert die Finanzierungslücke um circa ein Drittel
In Prozent des BIP, Basisjahr 2019, Produktivitätswachstum 1,2 Prozent, realer Zinssatz 2,2 Prozent

UBS. Die Finanzierungslücke der staatlichen Vorsorge bleibt auch nach der gelungenen Reform AHV 21 im September 2022 enorm. In einem neuen Bericht analysieren UBS-Vorsorgeexperten zusammen mit der Universität Freiburg im Breisgau Szenarien zur Erhöhung des Referenzalters und deren Auswirkungen auf die AHV-Finanzierungslücke.

Eine Eliminierung der Lücke und damit eine nachhaltige Sicherung des Lebensstandards zukünftiger Generationen ist – in der Schweiz im Gegensatz zu anderen Ländern – möglich.

Die AHV-Finanzierungslücke betrug 2019 noch rund 1165 Milliarden Franken. Per 2020 trat die Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) in Kraft, womit sich die Lücke auf knapp 909 Milliarden Franken verringerte. Das ist neben der Reform auch dem positiven Wirtschaftswachstum 2018 zu verdanken.

Nach der erfolgten Annahme der AHV 21 im Herbst 2022 wird sich die Lücke voraussichtlich weiter auf 654 Milliarden Franken reduzieren, das sind etwa 90 Prozent des BIP 2019 (Abb. 1). Zwar schreibt die staatliche Vorsorge dank der beiden genannten Reformen bis etwa 2030 schwarze Zahlen. Doch ohne weitere Massnahmen werden danach erneut Defizite entstehen.

Reformszenarien
Reformszenario 1 – Referenzalter 66 Jahre: Im direkten Anschluss an die Umsetzung der Reform AHV 21, die das RA der Frauen bis ins Jahr 2028 auf 65 Jahre anhebt, würde das RA beider Geschlechter über sechs Jahre um zwei Monate pro Jahr auf 66 Jahre angehoben. Der Reformzeitraum wäre von 2029 bis 2034. Die Finanzierungslücke der AHV würde sich durch diese Reform um 36,8 Prozentpunkte auf 52,5 Prozent des BIP von 2019 oder etwa 380 Milliarden Franken reduzieren.

Reformszenario 2 – Referenzalter 67 Jahre: An die Erhöhung des RA der Frauen und Männer auf 66 Jahre bis 2034 würde nahtlos eine Erhöhung um zwei Monate pro Jahr auf 67 Jahre bis 2040 angeschlossen. Die Finanzierungslücke der AHV würde sich dadurch um weitere 35 Prozentpunkte auf 17,5 Prozent des BIP von 2019 oder etwa 130 Milliarden Franken reduzieren.

Reformszenario 3 – Referenzalter 65 und Kopplung an die Lebenserwartung: Das RA wird mit dem Lebenserwartungsfaktor (LE) 0,8 im Schnitt bis 2040 um 1,1 Monate pro Jahr angehoben und ab 2040 im Schnitt um 0,8 Monate pro Jahr. Die erste Anpassung würde im Anschluss an die Umsetzung der AHV 21 erfolgen, und zwar ab 2029. Bis 2070 würde das RA in der Folge auf 67,8 Jahre ansteigen. Die Finanzierungslücke würde sich bei diesem Vorgehen fast schliessen und um 85,6 Prozentpunkte auf 3,7 Prozent des BIP von 2019 oder etwa 30 Milliarden Franken reduzieren.

Reformszenario 4 – Referenzalter 66 Jahre und Kopplung an die Lebenserwartung: Das RA wird zuerst von 2029 bis 2034 zwei Monaten pro Jahr auf 66 Jahre angehoben. Dies entspricht dem Vorschlag der Renteninitiative. Ab 2035 wird das RA mit einem LE von 0,8 an die Lebenserwartung gekoppelt. Damit würde das RA bis 2070 auf 68,2 Jahre steigen. Mit diesen Anpassungen hätte die AHV einen leichten Überschuss von 13,4 Prozent gemessen am BIP von 2019 oder von etwa 100 Milliarden Franken (Abb. 2).

Wie stark das Rentenalter ansteigen sollte, lässt sich nicht pauschal sagen. Es hängt nicht nur von der Demografie ab, sondern auch davon, wie das System finanziert ist, ob man Reformen nur auf dem Rücken der Jungen durchziehen oder auch Rentner mit ins Boot holen will. Sicherlich ist das Rentenalter nicht die einzige Stellschraube, aber es ist eine der effektivsten und fairsten. Alle anderen Möglichkeiten senken schliesslich den Wohlstand der erwerbstätigen oder der älteren Generationen − oder von beiden. Da die heute lebenden Generationen auch mit höherem Rentenalter immer noch weit mehr Zeit im Ruhestand verbringen werden als die vorherigen Generationen, drängt sich diese Option immer mehr auf.

Abbildung 2: Finanzierungslücke nach Reform

In Prozent des BIP, Basisjahr 2019, Produktivitätswachstum 1,2 Prozent, realer Zinssatz 2,2 Prozent

Quelle: BFS, BSV, BAG, EFD, FZG, UBS 2022

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