Jérôme Cosandey von Avenir Suisse schreibt zum Thema Inflation und Kaufkraft der Renten:

Während früher sehr tiefe Inflationsraten die Vorsorgebranche beunruhigte, ist es heute der rasante Anstieg der Teuerung in Europa, in den USA und in einem geringeren Ausmass in der Schweiz. Nun werden die Stiftungsräte auch auf der Passivseite der Bilanz vor knifflige Probleme gestellt: Einerseits liegen die Reserven zwar noch im komfortablen Bereich, andererseits erodiert die Kaufkraft der Pensionäre durch die Inflation. Entsprechend dürfte schon bald der Ruf nach Rentenerhöhungen laut werden.

Im Gegensatz zur AHV sieht das BVG keinen automatischen Teuerungsausgleich der Renten vor. Eine Anpassung an die Preisentwicklung ist den Kassen freigestellt, gemäss Art. 36 BVG aber «entsprechend den finanziellen Möglichkeiten der Vorsorgeeinrichtung». Es handelt sich somit um eine Option, nicht um eine Pflicht.

Anstatt den Geldhahn aufzudrehen zugunsten der Rentner, die immer noch von einer Quersubventionierung durch die Aktiven profitieren, gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren. Das Gleichgewicht zwischen den Zinsen, die den Aktiven gutgeschrieben werden, und den Zinsen, die den Rentnern implizit garantiert werden, muss beibehalten werden. Je nach Kasse bestehen grosse Unterschiede bei den Umwandlungssätzen (und bei der Bildung von Einmaleinlagen), die bei den unterschiedlichen Rentnerkohorte angewandt wurden.

Die Folgen einer möglicherweise über längere Zeit hohen Inflation ist von den Stiftungsräten zu antizipieren: Einerseits gilt es, die Kaufkraft der Rentner zu erhalten, andererseits ist die Gleichbehandlung der verschiedenen Versichertenkohorten – Aktive und Rentner – zu gewährleisten.

Es braucht einen fairen und gezielten Ansatz sowohl in Bezug auf den Zeitrahmen als auch auf die Versichertengruppen. Eine solche Neuausrichtung erfordert Grundsatzdebatten innerhalb der paritätisch geführten Stiftungen, eine Anpassung der Reglemente, vor allem aber eine sehr gute Kommunikation mit den Versicherten.

  Avenir Suisse