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Thomas Hengartner schreibt in der FuW über die Folgen der Negativ-Performance im laufenden Jahr für die Kassen und ihre Versicherten.

Der durchschnittliche Deckungsgrad der Unternehmenspensionskassen ist gemäss Prevanto von 122% zu Beginn des laufenden Jahres auf 105% geschrumpft. Das finanzielle Polster dünnte sich folglich von 22 auf 5% aus, jeweils bezogen auf die bilanzierten Verpflichtungen. Dennoch müssen die Gelder der Erwerbstätigen und das für Rentenzahlungen blockierte Kapital verzinst werden – selbst wenn wie im bisherigen Jahresverlauf ein Anlageverlust entstanden ist.

Zur finanziellen Sanierung würden primär die Erwerbstätigen über eine Minderverzinsung des Altersguthabens beigezogen, sagt auf Anfrage Heinz Rothacher, CEO des Pensionskassenberaters Complementa. Ausgerechnet jetzt, da die Inflation sowie Bank- und Obligationenzinsen steigen, droht den Erwerbstätigen ein Rückschlag im Pensionskassenzins.

Direkte Auswirkung wäre, dass ihr individuelles Pensionskassenguthaben langsamer wächst bzw. beim aktuellen Teuerungsschub an Kaufkraft verliert. Den Zins auf dem Vorsorgegesparten der Erwerbstätigen vermindern oder gar auf null stellen, ist erlaubt. Entscheiden werden die Stiftungsräte der rund 1400 einzelbetrieblichen und Sammelpensionskassen Ende Jahr oder im Januar. (…)

Die Minusperformance der Vorsorgeeinrichtungen von im Schnitt knapp 12% per Ende September stammt zu zwei Dritteln von Kursverlusten in Aktien und einem Drittel zu Wertverlusten von Obligationen. Immobilienanlagen haben sich wertmässig stabil gehalten.

Pensionskassen würden genau für solche Marktphasen Wertschwankungsreserven halten, sagt auf Anfrage Iwan Deplazes, Leiter Asset Management der Zürcher Kantonalbank: «Kurzfristig rechnen wir damit, dass Pensionskassen beginnen, ihre Anlagestrategien zu überprüfen». Das höhere Zinsniveau eröffne für neue Obligationeninvestments eine Perspektive, die Kassenverantwortliche seit Jahren vermisst hätten.

Für die berufliche Vorsorge sind effektive Einnahmen – Dividenden, Mieterträge, Zinsen – bedeutsamer als die Schwankungen des Werts von sonst qualitativ guten Geldanlagen. Aktien haben das Potenzial, wieder zu steigen. Investments in schweizerische Immobilien sind vermutlich resistent.

Zwar drücken die gestiegenen Diskontzinsen auf den ermittelten Ertragswert. Doch die Bewegung des Referenzzinses erlaubt den Liegenschaftsbesitzern, nächstes Jahr die Wohnungsmieten zu erhöhen, und Verträge kommerziell nutzbarer Flächen sind oft mit einer Teuerungsklausel versehen. Das wird die Objektbewertungen stützen.

Die finanzielle Situation ist dabei von Pensionskasse zu Pensionskasse anders, und so werden auch die Zinsentscheide der Stiftungsräte divergieren. Gut gestellte Institute oder solche mit einem mehrjährig vorfinanzierten Zinsbeteiligungsmodell können weiterhin grosszügig agieren. Geschwächte oder durch bereits hohe fixe Rentenzahlungen beengte Vorsorgeträger werden vermutlich knausern.

Dass Sanierungsmassnahmen primär von den Erwerbstätigen gestemmt werden, hat seine Richtigkeit. Es geht um ihre für das Alter in der Pensionskasse gesparten und investierten Gelder. Im zurückliegenden Jahr, als die Finanzmärkte noch haussierten, sind den Vorsorgegeldern gemäss Auswertung von Complementa im Schnitt knapp 4% Zins gutgeschrieben worden. Über den zwanzigjährigen Zeitraum waren es im Jahresschnitt 2,4%.

Unterdeckte Pensionskassen müssen nicht sogleich zu drastischen Mitteln greifen. Doch die Aufsichtsbehörde verlangt einen Massnahmenplan, mit dem der Missstand binnen fünf bis sieben Jahren behoben werden soll. Von den Erwerbstätigen dürfen erst dann eigentliche Sanierungsbeiträge verlangt werden, wenn andere Massnahmen nicht zum Ziel führen. Dann muss der Arbeitgeber mindestens gleich hohe Sanierungsbeiträge leisten.

  FuW