image

Die Pensionskassen sollen auf den Renten gemäss BVG die Teuerung ausgleichen, sofern sie können, müssen aber nicht. Seit rund einem Jahrzehnt erleben wir in der Schweiz aktuell wieder eine spürbare Inflation; was werden die Kassen jetzt tun? Die NZZ ist der Frage nachgegangen. H.U. Schöchli schreibt:

Die in den laufenden Renten steckenden «zu hohen Leistungsversprechen haben Teuerungsanpassungen bereits vorweggenommen», sagt der Pensionskassenverband. Man kann es auch anders sagen: Wer den Pensionskassen eine Garantie für einen ständigen Teuerungsausgleich der Renten vorschreiben wollte, müsste die erste Jahresrente für Neurentner und damit die Umwandlungssätze deutlich senken. Ein Popularitätspreis wäre damit nicht zu holen. Eine Alternative wäre die Erhöhung der Lohnbeiträge, doch dies ginge zulasten der Erwerbstätigen und würde die Umverteilung von Jung zu Alt nach dem Muster der AHV noch stark erhöhen.

«In den goldenen 1990er Jahren waren aufgrund der boomenden Börsen allgemeine Rentenerhöhungen verbreitet», sagt Stephan Wyss von der Zürcher Beratungsfirma Prevanto. Mitte der 1990er Jahre kannten laut Angaben des Bundesrats knapp 30 Prozent aller Vorsorgeeinrichtungen einen vollen und regelmässigen Teuerungsausgleich. Ein weiteres Drittel zahlte teilweise einen Inflationsausgleich. Gemäss Wyss haben später manche Pensionskassen solche Rentenerhöhungen bereut: «Die allgemeinen Rentenerhöhungen haben die Zahlungsverpflichtungen dauerhaft erhöht, was die Pensionskassen schmerzhaft erfahren mussten, als die Zinsen und damit die Renditeerwartungen gesunken waren.»

Für Anfang 2023 ist kaum mit Rentenerhöhungen zu rechnen, denn den Pensionskassen fehlt es an Reserven. Ende 2021 hatten die privatrechtlichen Pensionskassen pro 1000 Franken künftiger Rentenverpflichtungen ein Vermögen von etwa 1185 Franken; diese Reserven von durchschnittlich 18,5 Prozent der Verpflichtungen entsprachen etwa dem mittleren Zielwert in der Branche. Das heisst, mit einer weiteren Zunahme der Reserven gäbe es etwas an die Erwerbstätigen und Rentner zu verteilen.

Doch wegen der hohen Anlageverluste im laufenden Jahr sind die Reserven laut Schätzung der Oberaufsicht bis Ende September vollständig weggeschmolzen. Ein Teil dieser Einbussen lässt sich unter Umständen kompensieren durch die Abwertung der künftigen Verpflichtungen auf der Passivseite der Bilanz als Folge des gestiegenen Zinsniveaus. Klar ist aber, dass die Pensionskassen im Branchenmittel nun zuerst wieder Reserven aufbauen müssen, bevor es etwas zu verteilen gibt.

Und wenn es künftig wieder etwas zu verteilen gibt, sollte laut Pensionskassenberatern nicht eine Erhöhung des allgemeinen Rentenniveaus im Vordergrund stehen. Eher im Sinne der Generationengerechtigkeit wären die Erhöhung der Zinsen für die Erwerbstätigen sowie gezielte Rentenboni für jene Jahrgänge, die mit besonders tiefen Umwandlungssätzen in Rente gingen.

  NZZ