«Der Rentenzerfall geht ungebremst weiter», titelte der Gewerkschaftsbund kürzlich einen Kommentar zur Neurentenstatistik. «Die Rentenlücke der Frauen in der 2. Säule bleibt besorgniserregend. Noch immer erhält fast ein Drittel der Frauen keine Rente aus der 2. Säule» schreibt er, was ohne weitere Begründung ein Skandal zu sein scheint. Und weiter: »Für den SGB ist klar: er wird sich für eine Stärkung der Renten – sowohl in der AHV wie auch im BVG einsetzen. Sei es über die Einführung einer 13. AHV-Rente, sei es über den BVG-Sozialpartnerkompromiss. Und mit einem klaren Nein zur Abbauvorlage AHV 21». Und dann kommt die ernsthafte Warnung: «AHV 21 ist erst der Anfang – Rentenaltererhöhung ist Rentenabbau».

«Rentenaltererhöhung ist Rentenabbau» – wenn je in der Schweiz populistisch argumentiert wurde, dann mit dieser Parole. Im Gleichschritt mit dem SGB äussert sich die SP. Co-Präsident Cédric Wermuth klagt in einem Video-Interview mit dem Blick: «Es ist absurd, dieses Land wird immer reicher, die Unternehmen machen immer mehr Gewinn, und als Konsequenz daraus sollen die Arbeitnehmenden mehr schaffen. Das ist völlig falsch. Nein, man muss dafür sorgen, dass der Reichtum in diesem Land gerechter verteilt ist. Dann kann man beim heutigen Rentenalter problemlos bleiben und wir können auch noch würdige Renten finanzieren».

Was soll man dazu sagen, falls einem überhaupt etwas einfällt? Ein konstruktiver Diskussionsbeitrag sieht anders aus.

Eine Stärkung der Renten? Sicher, da sind wir dabei. Entweder durch Anpassung der technischen Parameter sprich Leistungen, durch höhere Beiträge oder – horribile dictu – ein höheres Rentenalter. Steht alles nicht im Werbeprospekt linker Sozialpolitik. Das Instrument, das dort angeboten wird, ist Umverteilung. Falls Geld fehlen sollte – kein Problem, man holt es sich. Egal wo. Bloss nicht aus dem eigenen Sack.

Apropos Umverteilung: Ueli Maurer hat letzte Woche in seinem AZ-Interview vorgerechnet: «Ein Prozent der Steuerpflichtigen bezahlt 40 Prozent der direkten Bundessteuern. 40 Prozent der Steuerpflichtigen mit Kindern bezahlen hingegen überhaupt keine direkte Bundessteuer».

Das scheint nicht zu reichen, nicht für Wermuth und Co. In der 1. Säule sind die Verhältnisse ebenso krass. In der AHV werden knapp 47 % (also fast die Hälfte) der gesamten AHV-Einnahmen (absolut: rund 21.7 Mrd. Franken) einkommensbezogen von oben nach unten bzw. von Reich zu Arm umverteilt.

Auch das reicht nicht. Umverteilung ist die Droge, von der man nicht loskommt und stets noch mehr will. Selbstverantwortung und individuelle Leistung werden nicht einmal erwähnt.

Die Schwäche der Argumente und der aggressive Auftritt spiegeln die Panik der Linken, für welche eine Annahme der AHV 21 und eine Niederlage bei BVG 21 eine Katastrophe wäre. Ein jahrlanger Kampf gegen die Rentenaltererhöhung, schrille Demos, die sentimentale «Hände weg von unseren Renten»-Polemik – alles vergeblich. Nicht auszudenken. Das ginge an die Substanz. Aber die wahre Katastrophe, das wäre ein Scheitern der Reformen.

Peter Wirth, E-Mail