Die Linke wiederholt endlos ihr Mantra von den benachteiligten Frauen in der 2. Säule. Anlass dazu gibt auch wieder die Neurentenstatistik des BFS. Fabian Schäfer hält in der NZZ dagegen.

Wer lange sucht, entdeckt jedoch weit unten in den Excel-Tabellen der Statistiker folgenden Hinweis: «Die meisten Bezügerinnen und Bezüger sind verheiratet. In diesen Fällen ist der Haushalt in der Regel eine ökonomische Einheit, wodurch die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zwischen den Geschlechtern wesentlich ausgeglichener verteilt sein dürften als die individuell ausbezahlten Beträge.»

Es gäbe somit gute Gründe, die Verheirateten bei der Berechnung auszublenden. Die «Lücke» wäre in diesem Fall wesentlich kleiner. Aussagekräftiger wäre zum Beispiel der Vergleich der Renten von Alleinstehenden, die in der Regel selber für ihren Lebensunterhalt aufkommen müssen. Hier haben die Frauen die Männer im Jahr 2020 erstmals überholt, wenn auch nur knapp: Bei den ledigen Frauen, die neu eine Pensionskassenrente beziehen, beträgt der Medianwert 1926 Franken im Monat. Bei den Männern sind es 1874 Franken.

Damit kommen die Single-Frauen relativ nahe an die Bezüge der Männer heran (2081 Franken). Bei den Geschiedenen wiederum sind die Renten der Frauen etwa 30 Prozent tiefer als jene der Männer. Generell sind die tieferen Renten der Frauen auch damit zu erklären, dass sie bis 1995 ihr Vorsorgekapital bei einer Heirat vorbeziehen konnten.

Letztlich bestätigt die Statistik, dass die Höhe der Rente weniger von der Ausgestaltung des Vorsorgesystems abhängig ist als von der individuellen Erwerbskarriere und der Rollenteilung der Paare. Die Linke setzt sich für gleichberechtigte Familienmodelle ein. Im Streit um die Renten profitiert sie nun aber ironischerweise davon, dass die meisten Paare, die zurzeit in Rente gehen, ziemlich traditionell unterwegs waren. Nur aus diesem Grund sind die Unterschiede bei den Renten so gross, dass die Linke daraus einen «Skandal» ableiten kann. Mit Verweis darauf wehrt sie sich nun auch gegen die Gleichstellung der Geschlechter beim Rentenalter, die mit der AHV-Reform vorgesehen ist. Diese kommt voraussichtlich im September an die Urne.

  Neurentenstatistik 2020