pw. Kurz vor der entscheidenden Sitzung in der SGK-N bei der Behandlung der BVG-Revision bringen sich die diversen Interessengruppen in Stellung. Dabei tun sich diverse Gräben auf. Der klassische zwischen links und rechts wird überlagert von kommerziellen Überlegungen, die im Gewand sozialer Forderungen daherkommen. Dazu werden auch die Medien eingespannt, die noch so gerne mitmachen. Im Zentrum steht dabei jetzt die Finanzierung der Massnahmen für den Leistungsausgleich für die UWS-Senkung, wo plötzlich die Gewerkschaften auf Seite der Versicherer kämpfen. In der NZZ wird dazu ausgeführt:

Der Verband der Pensionskassen wirft den grossen Lebensversicherern vor, sie wollten bei der geplanten BVG-Reform ebensolche Windfall-Profite erzielen – und dies auf Kosten der Allgemeinheit. Die Versicherungen widersprechen vehement.

Politischen Gegenwind sind die Lebensversicherer wie Swiss Life oder Helvetia gewohnt – aber nicht aus dieser Richtung. Normal ist, dass die linken Parteien und die Gewerkschaften versuchen, ihnen das Leben schwerzumachen. Aus deren Sicht ist es grundsätzlich verdächtig, dass private Firmen mit einer obligatorischen Sozialversicherung Geld verdienen.

Die Versicherer können entgegnen, dass die Nachfrage nach ihren Diensten gross sei, weil sich gerade kleine und mittlere Firmen keine eigene Pensionskasse (PK) leisten könnten. Zudem haben sie dieses Geschäft schon betrieben, bevor der Staat die zweite Säule für obligatorisch erklärte. Nun aber kämpft die Linke ausnahmsweise Seite an Seite mit den Versicherern. (…)

Der PK-Verband kämpft gemeinsam mit einer Allianz namens «Mittelweg», der rund 40 Verbände und Fachorganisationen angehören, für die erste Variante: Jeder soll für sich selber schauen, wie dies im BVG generell vorgesehen ist. Sonst würden ausgerechnet diejenigen Kassen und Firmen bestraft, welche die Probleme bereits aus eigener Kraft gelöst haben. Eine solidarische Finanzierung à la AHV würde aus Sicht der PK wegen der systemfremden Umverteilung zulasten der Jüngeren die Akzeptanz des BVG infrage stellen. Die Lebensversicherer und ihre Alliierten hingegen verlangen just eine solch zentrale Lösung.

Hier setzt die Kritik der PK und ihrer Mitstreiter an. Sie basiert darauf, dass die Vorsorgeeinrichtungen schon lange Rückstellungen bilden müssen, damit sie die Renten trotz zu hohem Umwandlungssatz sicher auszahlen können. Sie können diese Rückstellungen teilweise auflösen, wenn die Reform gelingt. Falls nun aber über Lohnprozente zusätzliches Geld von aussen kommt, könnten Lebensversicherer die frei werdenden Rückstellungen nutzen, um Risiken zu minimieren und die Gewinne zu stabilisieren. So argumentiert zumindest die «Mittelweg»-Allianz. Dies gelte für den wichtigen Bereich der Vollversicherung, die nur noch von fünf Lebensversicherern angeboten wird: Swiss Life, Helvetia, Bâloise, Allianz Suisse und Pax.

Die Axa Schweiz ist 2018 aus diesem Geschäft ausgestiegen, nun kämpft sie im Streit um die BVG-Reform Seite an Seite mit dem PK-Verband gegen die anderen Lebensversicherer. Diese könnten die Rückstellungen laut ihren Kritikern einsetzen, um ihre Modelle besser auszufinanzieren und die anvisierten Gewinne einfacher zu realisieren. (…)

Die Versicherer weisen auch diesen Vorwurf zurück. Sie betonen, wie schwierig es heute schon sei, die Vollversicherung, bei welcher der Versicherer alle Risiken trägt, überhaupt noch zu betreiben. Tatsächlich gibt es viele kleine Firmen, die ein solches Modell möchten, aber keinen Anbieter mit vertretbaren Preisen mehr finden. Die Versicherer betonen, bei vielen angeschlossenen Kleinbetrieben sei die Vorsorge nahe am gesetzlichen Minimum. Da sei es kaum möglich, dass jede Firma die Kompensation individuell finanziere – oder wenn, dann zu enormen Kosten.

Laut den Versicherern würden die vorhandenen Rückstellungen, die der PK-Verband für die Kompensation einsetzen will, für eine mehrheitsfähige Reform nicht ausreichen. Deshalb braucht es aus seiner Sicht in einer Übergangsphase «eine gewisse branchenübergreifende Solidarität». Sonst würden jene Vorsorgeeinrichtungen am stärksten belastet, die derzeit die grössten Schwierigkeiten hätten, den gesetzlichen Umwandlungssatz zu finanzieren.