Im Nebelspalter-Interview mit Prof. Reiner Eichenberger von der Universität Freiburg wird ein “Win- win-win-Modell” zur Frage des Rentenalters entwickelt. Eichenberger macht klar, dass er von den aktuellen Vorschlägen zur Erhöhung nichts hält, auch nicht von der Initiative der Jungen FDP.  Deren Zwangsmodell der Rentenaltererhöhung löse das eigentliche Problem nicht. Es gelte, die Arbeit nach Erreichen des Rentenalters finanziell attraktiv zu machen.

«Wenn die Leute länger arbeiten sollen, dann muss man die richtigen Anreize setzen», findet Eichenberger. «Die Alten arbeiten heute nicht länger, weil sie nach Strich und Faden betrogen werden.» Wer weiter arbeite, zahle wegen der Progression unverhältnismässig mehr Steuern – und der Zuschlag auf die Rente lohne sich erst, wenn er älter als 86 Jahre werde. «Das ist doch Quatsch!»

In Eichenbergers Vorschlag könnte jeder sein eigenes Referenzalter für sich festlegen. Wer einen Aufschub zum allgemein geltenden Rentenalter machen würde, hätte schon vorher einen Nachlass bei den Beitragssätzen und nach 65 eine Erleichterung bei den Steuern.

Aber wie geht diese Rechnung für die AHV auf? «Wenn Leute länger arbeiten, dann zahlen sie nicht nur mehr in die AHV, sondern auch mehr Steuern.» Bis jetzt habe dieses Geld der Staat, zum Beispiel bei der Erhöhung des Frauenrentenalters von 62 auf 64, einfach eingesteckt. Dabei gehöre es der AHV.

 

Eine vernünftige Rentenreform hat deshalb für Eichenberger drei Teile: Erstens ein freiwilliges Aufschubmodell mit Sofortgratifikation, zweitens wer immer noch arbeitet, sollte einen Steuernachlass auf der Einkommenssteuer erhalten, drittens soll das Geld, das via Steuern zusätzlich zum Staat fliesst der AHV zugutekommen. Das würde die AHV und die berufliche Vorsorge stabilisieren, wovon auch jene profitierten, die weiterhin mit 65 in Rente gehen würden.

Arbeiten über 65 werde dann plötzlich attraktiv. «Dank der Entlastung haben die Arbeitnehmer netto mehr als vorher und die AHV bekommt auch mehr», hat Eichenberger berechnet. Firmen würden dann reagieren und flexible Modelle entwickeln, um ihre Arbeitnehmer zu behalten und in sie zu investieren. Die Folge wäre ein Wachstumsschub. «Je mehr Alte arbeiten, desto mehr Arbeitsplätze gibt es für Junge.

Aber gibt es diese Stellen überhaupt? Eichenberger ist davon überzeugt. das Problem der Sechzigjährigen, die sich bewerben müssten, sei heute die fixe «Restlaufzeit». Das mache diese Bewerber unattraktiv für die Unternehmen. In seinem Modell wäre das nicht mehr der Fall.

  Interview Nebelspalter / YouTube