imageJérôme Cosandey von Avenir Suisse empfiehlt, dass die Pensions-kassen sich finanziell verstärkt an den Aufwendungen für das Case Management beteiligen, nachdem sie von der massiven Zunahme psychischer Erkrankungen aufgrund der Corona-Massnahmen und der absehbaren Zunahme von IV-Leistungen ebenfalls betroffen sind und entsprechend auch von Massnahmen zur Linderung profitieren.

Gemäss der Swiss Corona Stress Study der Universität Basel ist der Anteil von Menschen mit schweren depressiven Symptomen zwischen der ersten und der zweiten Corona-Welle im Jahr 2020 von 3% auf 18% angestiegen. Diese Entwicklung stellt für die IV und damit auch für die von deren Rentenentscheiden abhängigen Pensionskassen eine doppelte Herausforderung dar: einerseits wegen der gestiegenen Rentengesuche, andererseits, weil sich in Krisenzeiten eine Eingliederung der Betroffenen viel schwieriger gestaltet. (…)

Obwohl die Arbeitgeber eigentlich verpflichtet sind, Langzeiterkrankungen ihren Pensionskassen frühzeitig zu melden, sind es oft die Kranken Taggeld-Versicherer, die als erste davon erfahren. Doch für Letztere beschränkt sich die Rendite einer «Investition» in einen Case Manager lediglich auf die Einsparungen, die während der maximalen Leistungsdauer von 730 Tagen möglich sind, während die IV und die Pensionskasse noch während Jahren oder gar Jahrzehnten die Kostenfolgen einer nicht gelungenen Eingliederung zu tragen haben. Obwohl das System in seiner Gesamtheit von einem Case Manager profitieren würde, rechnet sich dessen Einsatz für den KTG-Versicherer oft nicht.

Diese fehlenden gemeinsamen finanziellen Interessen sind ein klassisches Beispiel für positive externe Effekte: Die Pensionskassen und die IV profitieren vom Case Management, obwohl sie nicht zur Kostenbeteiligung gezwungen sind. Diese Verzerrung ist nicht nur ungerecht, sie schadet auch allen Beteiligten, denn es wird dadurch viel zu selten ein Case Manager eingeschaltet.

Will man ein besseres Gesamtergebnis erzielen, braucht es Finanzmechanismen, die diese positiven Externalitäten internalisieren. Oder auf gut Deutsch: Sämtliche Akteure, die von den Vorteilen des Case Managements profitieren, sollten einen Teil der Kosten tragen. Die Mitglieder des Vereins Compasso haben deshalb eine Vereinbarung für die Kostenaufteilung entwickelt, die eine pragmatische Lösung dieses Problems ermöglicht. Die KTG-Versicherung und die Pensionskasse vereinbaren mit einer kurzen E-Mail oder per Telefon, wer die Koordination des Falls übernimmt, für welchen Höchstbetrag und wie die Kosten aufgeteilt werden sollen (beispielsweise 50/50).

Obwohl der Verein Compasso offiziell von rund 100 Mitgliedern getragen wird, darunter auch vom ASIP und von Inter-Pension, erfolgt die Umsetzung der Vereinbarung noch nicht systematisch. Ausserdem wäre es wünschenswert, wenn die Kostenaufteilung auch die kantonalen IV-Stellen involvieren würde. Von einer solchen Zusammenarbeit würden nicht nur alle an der Finanzierung von Invaliditätsfällen beteiligten Akteure profitieren, sondern vor allem auch die Hauptbetroffenen, nämlich die Menschen mit einer gesundheitlichen Beeinträchtigung.

  avenir suisse /   Swiss Corona Stress Study