Nur noch fünf Anbieter führen in der beruflichen Vorsorge in der Schweiz die sogenannte Vollversicherung: Swiss Life, Helvetia, Bâloise, Allianz Suisse und Pax. Dabei handelt es sich um eine Art «Rundum-sorglos-Paket», das vor allem KMU gerne nutzen. Hier übernimmt der Versicherer nämlich nicht nur die Vorsorgerisiken wie Tod oder Invalidität, sondern auch die Anlagerisiken. Aber die Vollversicherung verliert für die Anbieter an Attraktivität, die Axa hat sich ganz zurückgezogen, die übrigen werden immer restriktiver bei der Annahme neuer Vorsorgewerke und forcieren teilautonome Lösungen. Michael Ferber und André Müller schreiben dazu in der NZZ:

Angesichts des Umfelds mit ultraniedrigen Zinsen hätten die Garantien der Vollversicherung einen gewissen Preis, sagte Hans-Jakob Stahel, Leiter des Unternehmenskundengeschäfts bei Swiss Life Schweiz. Aus Sicht der Unternehmenskunden sei die Vollversicherung in den Jahren 2000 bis 2015 unglaublich attraktiv gewesen. Jetzt sehe man den Preis der Garantien stärker. Diese Entwicklung dürfte unter anderem dazu geführt haben, dass mehr KMU bei Swiss Life in der beruflichen Vorsorge teilautonome Lösungen abgeschlossen haben. Der Neugeschäftsanteil in diesem Bereich betrug im letzten Jahr 48%, 2019 waren es noch lediglich 19% gewesen.

Bei den Unternehmen, die die Vollversicherung nachfragen, zeigen sich laut Stahel oftmals gewisse Muster. Firmen, die ein riskantes Geschäft betreiben, seien im Bereich der beruflichen Vorsorge oftmals sicherheitsorientiert und wollten mit einer möglichen Nachfinanzierung auf keinen Fall etwas zu tun haben. Auch für KMU aus wirtschaftlich schwächeren Branchen sei die Vollversicherung oftmals wichtig. (…)

Nur mit einer Anpassung der Rahmenbedingungen wie des BVG-Mindestumwandlungssatzes und des BVG-Mindestzinssatzes könne die Systemkrise in der zweiten Säule überwunden werden, sagte Anja Göing-Jaeschke, Leiterin Aktuariat Leben Schweiz bei Helvetia. Das anhaltend hohe Niveau der Umverteilung in der zweiten Säule zeige, dass eine Reform der beruflichen Vorsorge nach wie vor zwingend und dringend sei.

  NZZ