Eine vom Institut für Versicherungswirtschaft der Uni St. Gallen im Auftrag der Zurich/Vita erstellte Studie versucht zu quantifizieren, wie gross die Umverteilung pro Aktiven ist. Dabei stehen zwei Effekte im Zentrum der Analyse: 1) Die Umverteilung von aktiv Versicherten und Arbeitgebern hin zu Rentnern und 2) der Einfluss der Asset Allokation auf das Endvermögen der Sparer. Die Verbindung der beiden genannten Punkte ist zentral, um eine Antwort auf die Frage zu erhalten: «Was ist ein Sparfranken für den Kunden tatsächlich wert?»
Die Datenanalyse umfasst sechs grosse Vollversicherer sowie neun teilautonome Sammelstiftungen, welche nahezu 44 Prozent aller BVG-pflichtigen Personen und mit über 143,5 Milliarden Schweizer Franken etwa 30 Prozent des gesamten Vorsorgekapitals in der Schweiz auf sich vereinen.
Zu den Ergebnissen wird festgehalten:
Im Schnitt werden bei jedem berufstätigen Beitragszahler jährlich 1000 Schweizer Franken von den Anlageerträgen auf dem Vorsorgekapital zu den Pensionierten im Bestand umverteilt. Faktisch verlieren die Berufstätigen sogar noch mehr Geld, denn die 1000 Franken wären jahre- bis jahrzehntelang angelegt worden und hätten durch den Zinseszinseffekt ihren Wert bis zur Pensionierung deutlich erhöht.
Entsprechend verliert ein aktiv Versicherter momentan pro Jahr zwischen 1 und 2 Prozent seines Vorsorgekapitals durch den Transfer zur Rentnergeneration. Die HSG-Wissenschaftler prognostizieren, dass diese Umverteilung in den kommenden Jahren sogar noch höher ausfallen wird. Bereits jetzt ist sie erheblich und schmälert die Performance des Vorsorgekapitals empfindlich. Bei den aktuell rekordtiefen Zinsen tut dies besonders weh.
Als “eigentliches Problem” wird jedoch festgestellt, dass bei den Anlagen ”massiv Rendite verschenkt” wird. Diese andere Herausforderung ist viel weniger bekannt, hat aber weit grössere Auswirkungen: Vor allem die Anlagestrategien der Schweizer Pensionskassen tragen dazu bei, dass der Sparfranken der Berufstätigen nicht seinen vollen Wert erreicht. Die gesetzlichen Vorgaben sind eng und bieten wenig Möglichkeiten, punkto Risikotragfähigkeit und Kundenpräferenzen zu differenzieren.
Entsprechend haben die Vorsorgeeinrichtungen nur einen geringen Spielraum bei der Anlage. Oftmals sind sie gezwungen, besonders risikoarme Anlageformen zu wählen, wie etwa Obligationen. Diese erreichen momentan jedoch nur spärliche Renditen. Auch die mit den aktuell starren und zu hohen Umwandlungssätzen verbundenen Garantien sind mitverantwortlich dafür, dass die Pensionskassen ihre Gelder nicht so chancenreich investieren können, wie sie es eigentlich möchten. Garantien haben immer ihren Preis! Dabei wäre es angesichts der langen Anlagezeiträume von bis zu 40 Jahren sinnvoll, die Gelder mutiger und damit lukrativer anzulegen.
Eine Beispielrechnung der HSG-Wissenschaftler zeigt, wie einschneidend die Auswirkungen der konservativen Anlagestrategien sind: Bei einem Portfolio mit 23 Prozent Aktienanteil war das erwartete Endvermögen zweimal so hoch wie bei einem konservativen Portfolio mit nur knapp 6 Prozent Aktien. Konkret wurde mit einer Einzahlungszeit von 40 Jahren (von 25 bis 65 Jahren) gerechnet, während der insgesamt 480’000 Schweizer Franken eingezahlt wurden.
Bei der konservativen Anlageform ergab sich ein erwarteter Wert von rund 640’000 Schweizer Franken, bei der mutigeren Anlageform ein erwarteter Wert von 1,4 Millionen Schweizer Franken. Die höhere Volatilität des zweiten Portfolios wurde durch die deutlich höhere Performance mehr als kompensiert. Für den Beitragszahlenden bedeutet das: Müssten die Pensionskassen nicht so konservativ anlegen, könnten die Versicherten gemäss den Berechnungen in der HSG-Studie ein doppelt so hohes Altersguthaben und damit auch eine doppelt so hohe Rente erwarten.