Michael Ferber hat in der NZZ die Ergebnisse der Neurentenstatistik 2019 des BFS ausgewertet und mit Expertinnen von UBS und Avenir Suisse diskutiert.

Laut der Statistik lag eine neue Altersrente bei den Frauen 2019 im Median bei 1160 Fr. pro Monat, bei den Männern waren es hingegen 2144 Fr. Der Median bedeutet, dass die eine Hälfte der Renten grösser, die andere kleiner ist als dieser. Auch bei den Kapitalbezügen im Jahr 2019 war der Medianbetrag bei den Frauen mit 59 000 Fr. deutlich geringer als bei den Männern (142 900 Fr.).

Für eine zusätzliche Problematik sorgt derweil die Tatsache, dass die Pensionskassenrenten für beide Geschlechter im Vergleich mit 2017 niedriger liegen. Dies dürfte mit den Kürzungen der Pensionskassen zu tun haben, mit denen diese auf die ultraniedrigen Zinsen und die demografische Entwicklung reagieren. Im Jahr 2017 hatte eine neu ausbezahlte Altersrente im Median für Frauen 1221 Fr. und für Männer 2301 Fr. betragen.

Der Hauptgrund für die grossen Unterschiede zwischen den Geschlechtern dürfte in den unterschiedlichen Erwerbsbiografien zu finden sein. «Dass Frauen im Durchschnitt bei Erreichen des Rentenalters nur etwa halb so hohe Pensionskassenrenten erhalten wie Männer erklärt sich primär dadurch, dass ihre Arbeit während der Erziehungsphase aus finanzieller Sicht lediglich dem Staat zugutekommt», sagen Veronica Weisser und Jackie Bauer von der Grossbank UBS. (…)

Laut Weisser und Bauer ist ein durchschnittliches Paar mit zwei Kindern bei Erreichen des Rentenalters um gut 1 Mio. Fr. schlechter gestellt als das identische Paar ohne Kinder, wie eine Studie der Grossbank vom vergangenen Jahr gezeigt habe. Der grösste Kostenpunkt für Eltern sei in der Regel die Reduktion des Erwerbseinkommens aufgrund der Betreuung und entschleunigter Karrieren, was sich auch direkt auf die berufliche Vorsorge niederschlage. Die Reduktion der Erwerbseinkommen treffe Mütter stärker als Väter, insbesondere dann, wenn es zu einer Scheidung komme und der Karriereverlauf der Frau stark eingeknickt sei.

«Die heutige Rentendifferenz spiegelt die Lebensgestaltung von Frauen und Männern wider, die in den 1960ern und 1970ern in das Erwerbsleben eintraten und sagt deshalb wenig über die Situation der zukünftigen Rentnerinnen aus», sagt derweil Valérie Müller, Senior Researcher beim Think Tank Avenir Suisse. Die Familienmodelle hätten sich aber in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt, sagt Müller. Die Erwerbsquote der Frauen sei in den letzten drei Jahrzehnten von 68% auf 80% gestiegen und habe sich beinahe an jene der Männer (88%) angeglichen.

(…) Müller rät Frauen, sich lieber früher als später mit der eigenen Altersvorsorge auseinander zu setzen. Neben der Wahl des Erwerbsmodells könne auch das Vermeiden von Vorsorgelücken und das private Sparen in der Säule 3a einen bedeutenden Einfluss auf die Höhe der Rente haben. Wie eine Studie der Credit Suisse zeige, zahlten Frauen etwas weniger oft in die Säule 3a ein als Männer.

Weisser und Bauer raten Frauen, die Kinder haben und nicht oder nur mit tiefem Lohn arbeiten, sicherzustellen, dass sie zumindest durch die Ehe etwas besser versichert sind. Zudem sollten Mütter soweit wie möglich versuchen, ihre Erwerbskarrieren intakt zu halten und möglichst rasch mit möglichst hohem Pensum wieder in den Arbeitsmarkt eintreten. Es bleibe auch die Möglichkeit, den Lebensstandard bewusst zu reduzieren, um tiefere Kosten zu haben und entsprechend mehr sparen zu können, beispielsweise in der Säule 3a oder auch durch einen Pensionskasseneinkauf. Ausserdem sollte auf die Gesundheit geachtet werden, um möglicherweise länger arbeiten zu können.

  NZZ Artikel Ferber / Neurentenstatistik