imageDie neue Studie von Avenir Suisse unter der Leitung von Jérôme Cosandey, Directeur romand und Forschungsleiter Sozialpolitik, wertet erstmals Daten des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) aus und untersucht die Eingliederungsbemühungen nach Kantonen. Dafür wurden Personen von sechs Kohorten (2010–15) vier Jahre nach ihrer Anmeldung bei der IV analysiert. Die Betrachtung pro Anmeldung statt pro Einwohner klammert soziodemografische Unterschiede zwischen den Kantonen aus und fokussiert auf die steuerbaren Aktivitäten der IV-Stellen.

Im kantonalen Vergleich zeigen sich beträchtliche Unterschiede. Die Rentenquoten – also das Verhältnis der zugesprochenen Renten pro Anmeldung – sind in der Romandie und im Tessin mindestens 27% höher als in der übrigen Schweiz, im Kanton Genf sogar um 41%. Die Differenzen spiegeln die Auslegungen des Bundesrechtes durch die kantonalen IV-Stellen und zum Teil durch die Kantonsgerichte. Sie sind aber auch das Resultat unterschiedlicher Eingliederungsstrategien.

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Die Kantone Appenzell-Ausserrhoden, Jura und Zug geben mehr als dreimal so viel aus pro Massnahmenbezüger wie das Tessin. Doch nicht nur die Beträge pro Fall variieren stark, sondern auch die Zahl der Bezüger und der Integrationserfolg. So ist die Erfolgsquote in den Kantonen Solothurn und Wallis deutlich tiefer als im Kanton St. Gallen. Das BSV als Aufsichtsorgan ist gefordert, die Gründe für diese Unterschiede zu untersuchen und die Basis für Vergleiche bei psychischen Krankheiten mit einer einheitlichen Nomenklatur (ICD-10) zu legen. Um die Mittel effizienter einzusetzen, sollte ein Kostendach für alle beruflichen Massnahmen pro IV-Stelle, gestützt auf die Anzahl Anmeldungen pro Jahr, festgelegt werden – analog zur Regelung in der Arbeitslosenversicherung.

Die Gesamtkosten für die Heilung, die Eingliederung und die Berentung von Menschen mit Behinderung schätzt Avenir Suisse auf 24 Mrd. Fr. pro Jahr. Bei so vielen Akteuren und derart hohen Kosten gilt es, Kommunikationsdefizite, Fehlanreize und Doppelspurigkeiten zu vermeiden.

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