Fabian Renz schreibt im Tages-Anzeiger:

Dass diese Vorlage eine Volksabstimmung überstehen wird, ist unwahrscheinlich. 2010 scheiterte der letzte Versuch, an der Urne eine Mehrheit für tiefere Umwandlungssätze zu gewinnen. Anders als damals enthält der jetzige Vorschlag zwar gewisse Abfederungen, diese dürften in ihrer Komplexität aber schwierig zu vermitteln sein. Eingängiger ist da die Warnung von Gewerkschaftschef Pierre-Yves Maillard: Man werde mehr einzahlen, im Alter aber weniger erhalten.

Letztlich demonstrieren die Bürgerlichen, dass sie bereit sind, ein Scheitern in Kauf zu nehmen. Lieber leben sie mit den heutigen Missständen weiter, als dass sie eine zusätzliche Umverteilung unter den BVG-Versicherten erlauben. Diese Orthodoxie ist riskant. Das Problem der unterfinanzierten Renten wird sich verschärfen. Irgendwann steigt im Volk die Bereitschaft zu radikalen Lösungen – vielleicht sogar zu einer Volkspension, wie man sie sich linksaussen erträumt. Mitte-rechts sollte sich im eigenen langfristigen Interesse Kompromissen nicht völlig verschliessen.

Ruedi Studer schreibt im Blick:

Die Bürgerlichen zeigen keine Gnade: Sie wischen den Sozialpartner-Kompromiss vom Tisch und drücken der Reform der beruflichen Vorsorge (BVG) ihren Stempel auf. Mit 126 zu 66 Stimmen stellten sich SVP, FDP, Mitte und GLP in der Gesamtabstimmung im Nationalrat hinter die Reform, mit der die zweite Säule umgekrempelt wird.

Linke, Grüne und Gewerkschaften stehen bereits Gewehr bei Fuss: Bestätigt der Ständerat die vom Nationalrat vorgegebene Stossrichtung, ergreifen sie das Referendum.

Markus Brotschi in den Freiburger Nachrichten:

Pech haben beim Nationalratsmodell auch die Hunderttausende von Versicherten des Mittelstandes, die eine überobligatorische Versicherung haben und in den letzten Jahren eine deutliche Senkung ihres Umwandlungssatzes hinnehmen mussten. Die sogenannt umhüllenden Pensionskassen, die sowohl Obligatorium wie auch Überobligatorium abdecken, haben mittlerweile häufig einen Umwandlungssatz von fünf Prozent und weniger. Die erlittenen Rentenverluste dieser künftigen Neurentner müssen aber nach Meinung des Nationalrats nicht ausgeglichen werden, solange die Pensionskasse die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen erfüllt.

Die Linke sowie die GLP sind hier jedoch anderer Meinung. Die Linke setzte wie der Bundesrat auf Rentenzuschläge für alle künftigen Rentner, die über eine Lohnabgabe von 0,5 Prozent finanziert worden wären. Einen Mittelweg schlug die GLP-Nationalrätin Melanie Mettler vor. Alle sollen einen Rentenzuschlag erhalten, deren Alterskapital zum Zeitpunkt der Pensionierung nicht höher als eine halbe Million Franken ist. Damit wären rund 70 Prozent der Neurentner in den Genuss eines Zuschlages gekommen, auch jene, die mit einer Senkung des Umwandlungssatzes bereits einen Beitrag zur Stabilisierung der zweiten Säule geleistet haben.