Werner C. Hug hat in der FuW eine detaillierte Auslegeordnung der AHV-Finanzen und deren Aussichten vorgenommen. Sie sind nicht erbaulich und schon gar nicht erbaulich ist die Verweigerung, die notwendigen Schritte zu unternehmen.

Geht es der AHV wirklich gut? Ein Blick in die Zukunft zeigt (die Zahlen der bereits Pensionierten und der künftig in Rente gehenden Personen sind schliesslich bekannt), dass dank Staf die Freude bestenfalls bis zum Jahr 2023 anhält. Dann übersteigen nach geltendem Regime die Ausgaben wieder die Einnahmen, und bis 2030 wächst das jährliche Defizit auf 4,4 Mrd. Fr. Dann erreicht der Deckungsgrad gerade noch 62%.

Die jüngste AHV-Revision ist momentan im Differenzbereinigungsverfahren. Geht es nach dem Ständerat, der grosszügige Kompensationen für die Erhöhung des Frauenrentenalters vorsieht, kippt das Umlageergebnis erst 2027. Warum? Weil  mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,4% weitere AHV-Einnahmen bereits beschlossen sind, noch bevor die Gesamtausgaben bekannt sind. Einmal mehr wird negiert, dass wegen der in Rente gehenden Babyboom-Generation die Ausgaben von heute 46 Mrd. Fr. im Jahr 2030 (dann wird der Jahrgang 1965 pensioniert) auf 58,5 Mrd. Fr. steigen werden und danach binnen zwei Jahren auf 62 Mrd. Fr.

Die bürgerlichen Mehrheiten im Bundesrat und in beiden Kammern des Parlaments sind einmal mehr nicht in der Lage, eine langfristige Stabilisierung der AHV herbeizuführen. Stets werden Einnahmen mit höheren Bundesbeiträgen, Mehrwertsteuern und Beitragserhöhungen beschlossen. Die zwingenden Strukturanpassungen und die finanzielle Sicherung der AHV werden den kommenden Generationen überlassen. Damit wird das Element der Solidarität innerhalb der AHV, das bereits enorm ist, noch ausgeprägter, denn schon Lohneinkommen über 50’000 Fr. sind nicht mehr rentenbildend. Aber auch die Umverteilung, die über die Bundessteuern von den hohen zu den niedrigen Einkommen stattfindet, nimmt zu. Fazit: Um eine Erhöhung des Regelrentenalters wird die erste Säule nicht herumkommen.

Angesichts der demografischen und der gesellschaftlichen Veränderungen wird sich die AHV auch grundlegend erneuern müssen. Neue Eheformen, Patchworkfamilien, Erwerbsunterbrüche, Auslandaufenthalte, Ansprüche von ausländischen Arbeitskräften usf. müssen adäquat in die AHV-Gesetzgebung integriert werden. Dabei zeigt die in der 10. AHV-Revision angedachte Individualisierung die Richtung an. Kleine Retuschen reichen jedoch nicht mehr aus. Regierung, Volks- und Ständevertretung sind gefordert, spätestens in der nächsten Legislatur eine grundsätzliche Revision anzupacken. Tun sie dies nicht, laufen wir Gefahr, dass die AHV in Misskredit gerät.

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