Florian Schwab lässt sich in der Weltwoche darüber aus, dass grosse öffentliche Pensionskassen als Depotbank J.P. Morgan wählen, und die einheimischen Anbieter (CS, UBS) leer ausgehen.

Der Befund lässt aufhorchen: Drei der grössten Pensionskassen für Staatsangestellte verwahren ihr Anlagevermögen bei der amerikanischen Grossbank J. P. Morgan. Neben der Publica, der Pensionskasse für die Bundesangestellten, sind dies die kantonalzürcherische BVK und die Pensionskasse der SBB. Ihr flüssiges Vermögen betrug Ende 2019 zusammen etwa 92 Milliarden Franken.

Im Jahr 2011, als die BVK zu J. P. Morgan als globaler Depotbank wechselte, hatte dies ein politisches Nachspiel. Gregor Rutz, damals Kantonsrat und heute Nationalrat für die Zürcher SVP, verlangte von der Regierung eine Erklärung. Die Stimmung war aufgrund des Steuerstreits zwischen den USA und der Schweiz aufgeheizt. Heute sieht Rutz die Sache entspannter: «Wir dürfen nicht übertreiben mit protektionistischen Massnahmen.»

Die Erklärung der Kantonsregierung, laut der die Gelder von der Schweizer Niederlassung von J. P. Morgan verwahrt würden und Schweizer Recht zur Anwendung komme, habe der Sache etwas von ihrer Brisanz genommen. «Aber trotzdem finde ich, dass Schweizer Pensionskassen wenn irgend möglich mit Schweizer Anbietern zusammenarbeiten sollten.» Und diese gibt es: die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse, Pictet und die Zürcher Kantonalbank.

Wie kam es dazu, dass sich J. P. Morgan einen grossen Anteil am Schweizer Vorsorgevermögen sichern konnte? Einer der Gründe ist, dass die Funktion der globalen Depotbank nicht ein Filetstück ist, sondern ein hartes Massengeschäft mit tiefen Margen. Der globalen Depotbank obliegen die Verwahrung der Wertpapiere und die Berichterstattung über wichtige Finanzkennzahlen wie Risiko und Renditen. In der modernen Finanzwelt mit fein ausdifferenzierten Produkten und dem zunehmend weltumspannenden Spektrum der Anlagen ist es eine anspruchsvolle Aufgabe, die internationales Können und eine gewisse Grösse erfordert.

Mit der deutlich lukrativeren eigentlichen Vermögensverwaltung, also der Bestimmung und Umsetzung der Anlagestrategie, hat die Aufgabe der Depotbank meist nichts zu tun. Die Trennung dieser Funktionen sei «sehr sinnvoll», findet Martin Janssen von der Firma Ecofin, Vorsorgeunternehmer und emeritierter Bankenprofessor. Dadurch würden Interessenkonflikte minimiert, und es werde Kostentransparenz geschaffen. Zudem seien die Preise für die Dienstleistung der globalen Depotbank in den letzten Jahren massiv gesunken. «Auch dank der Präsenz ausländischer Anbieter.» Das komme den Versicherten der Pensionskassen zugute und bei den öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtungen dem Steuerzahler.

Die Weltwoche hat mit etlichen Schweizer Mitbewerbern gesprochen. Auch sie verdammen die Präsenz der amerikanischen Konkurrentin nicht. Im Falle einer erneuten Finanzkrise sei das Vermögen in beiden Fällen ähnlich gut geschützt. Sie weisen aber darauf hin, dass ihnen in diesem Konkurrenzkampf quasi eine Hand gefesselt sei: Die strengeren Eigenkapitalvorschriften in der Schweiz führten dazu, dass amerikanische Anbieter mit Heimmarkt USA stärkere Muskeln aufbauen und mit tieferen Preisen auftreten könnten. J. P. Morgan ist, gemessen am total verwalteten Vermögen, mehr als doppelt so gross wie UBS und Credit Suisse. Insbesondere die too big to fail-Regulierung seit 2012 führt direkt zu höheren Kosten für die Schweizer.

Aufgegeben haben die inländischen Banken den Kampf aber nicht. Wenn die Aufträge für eine globale Depotbank erneut ausgeschrieben werden, wollen manche von ihnen wieder mitbieten. Als Trumpf sehen sie die Swissness.

  Weltwoche