imageClaude Chatelain hat für die Schweizer Personalvorsorge CVP-Nationalrätin Ruth Humbel, Präsidentin der SGK-N, zur BVG Reform 21 befragt. Zu erkennen ist, dass die CVP beim Neuanlauf zu einer BVG-Reform eher auf der bürgerlichen Seite als auf jener der Linken zu finden sein wird. Und offenbar wird auch, dass sie einige Sympathien für das Modell des ASIP hat.

Der von den Gewerkschaften und dem Arbeitgeberverband vorgeschlagene Rentenzuschlag war für SVP und FDP von Anfang an keine Option. Sie jedoch zauderten.
Wenn man sich bei jedem Vorschlag sofort im Schützengraben verschanzt, findet man nie eine Lösung. Man muss einem Vorschlag etwas Raum geben, um ihn einordnen zu können. Ich bin immer davon ausgegangen, dass, wenn der Bundesrat den Sozialpartnern einen Auftrag erteilt und sie ihn auch erfüllen, man den zuerst anschauen muss.

Mittlerweile sind aber auch Sie dezidiert gegen diesen Rentenzuschlag, oder?
Ja, weil ich nicht weiss, welche Arbeitgeber wirklich hinter dem Vorschlag stehen. Vom Detailhandel über Gastro bis zur Pharma haben sich inzwischen einige dagegen ausgesprochen. Das zeigt, dass der Vorschlag nicht mehrheitsfähig ist, weil der Umverteilungsmechanismus in der 2. Säule systemfremd ist.

Der Vorschlag des Gewerbeverbands entspricht in etwa dem, was in der Altersvorsorge 2020 vorgesehen und mehrheitlich unbestritten war. Warum nicht diesen übernehmen, statt das Ganze neu erfinden zu wollen?
Ich favorisiere das Modell des ASIP. Ich war schon bei der Altersvorsorge 2020 für eine dezentrale Lösung. Im BVG muss jede Vorsorgeeinrichtung Rückstellungen bilden. Wenn man weiterhin mit einem Umwandlungssatz von 6.8 Prozent kalkuliert, muss man auch weiterhin 6.8 Prozent finanzieren müssen. Senkt man den Satz auf 6 Prozent, braucht es Vorgaben, wie lange die die Übergangsgenerationen zu unterstürzen sind.  Die einzelnen Vorsorgeeinrichtungen müssten das stemmen können.

Angeblich gibt es aber Vorsorgeeinrichtungen, die das nicht alleine stemmen können.
Für die muss es eine Lösung via Sicherheitsfonds geben.

Und der hat dann genug Geld?
Wir von der CVP vertreten die Meinung, dass die ausserordentlichen Gewinne der Nationalbank in den Sicherheitsfonds fliessen sollten. So können die Kassen unterstützt werden, die zu wenig Reserven angehäuft haben. Und so kann sichergestellt werden, dass keine Versicherten der Übergangsgeneration zu Schaden kommen.

Diejenigen Einrichtungen, die die Hausaufgaben machten, sind aber die Geprellten.
Nein, sie haben ihren gesetzlichen Auf trag erfüllt. Die Vorgaben sind klar. Wenn die Pensionskassen die Senkung des Umwandlungssatzes nicht abfedern können, so müssen sie das offenlegen. Dann fragt sich, ob die Aufsichtsbehörde da genug gut hingeschaut hat.

Die Privatversicherer hätten auch lieber die zentrale Lösung via Sicherheitsfonds.
Offenbar würden sie von einer zentralen Lösung profitieren, obwohl eine solche aufwändiger und komplexer ist und wieder neue Ungerechtigkeiten schafft. Das ist aber nicht ein zentraler Punkt, an dem die Reform scheitern darf.

Was ist der wichtigste Punkt?
Es gibt zwei zentrale Punkte: Senkung des Umwandlungssatzes auf 6 Prozent und Besserstellung tiefer Einkommen. Ich denke hier vor allem an Teilzeitstellen. Mein Favorit besteht immer noch darin, die Teilzeitstellen zusammenzulegen.

Ist das nicht heute schon so?
Ja, aber nur freiwillig. Es gibt Arbeitgeber, die das Pensum so festlegen, dass Arbeitnehmer unter der Eintrittsschwelle liegen. Meistens wollen es die Betroffenen auch so. Wenn man weniger Abzüge hat, hat man mehr Geld im Portemonnaie. Ich finde es nicht zulässig, dass eine Person mit einem Pensum von 80 Prozent und drei Teilzeitstellen nicht dem BVG unterstellt ist – nur weil sie bei allen drei Stellen weniger als 20 000 Franken verdient.

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