Jérôme Cosandey von Avenir Suisse schreibt über die Situation jener Personen, die aufgrund der Corona-Krise ihre Stelle verloren haben und geht auf die BVG-Revision unter den aktuellen Umständen ein.

Angesichts des historischen Ausmasses der Krise befinden sich die meisten Pensionskassen also in einer bemerkenswert guten, wenn auch etwas anfälligeren Lage. Die dezentrale Struktur der 2. Säule und die breite Diversifikation des Vorsorgevermögens haben zur Widerstandsfähigkeit des Systems beigetragen. Die einer solchen Pensionskasse angeschlossenen Versicherten sind bisher ausreichend geschützt. (…)

Problematischer ist die Lage für Arbeitnehmer, die ihren Job verlieren. Tatsächlich unterstehen die Leistungen der Arbeitslosenversicherung nur teilweise der beruflichen Vorsorge. Arbeitslose zahlen zwar weiterhin Risikobeiträge zur Absicherung gegen Tod und Invalidität, die Sparbeiträge werden jedoch sistiert. Das hat zur Folge, dass die Betroffenen weniger Ersparnisse ansammeln, was bei der Pensionierung zu Leistungslücken führen kann. Arbeitslose scheiden zudem aus der Pensionskasse aus und müssen ihr Vermögen auf einem Freizügigkeitskonto «parkieren». Für diese Vermögenswerte gibt es keinen Mindestzinssatz. (…)

Zumindest im Jahr 2020 wird die Coronavirus-Krise die finanzielle Lage der Pensionskassen nicht über Gebühr belasten. Was aber mitnichten bedeutet, dass die berufliche Vorsorge keiner Reform bedarf. Die Vernehmlassung dazu ist Ende Mai abgeschlossen worden.

Angesichts der drohenden Rezession gilt es, den Versuchungen standzuhalten. Die in der Vernehmlassungsvorlage vorgesehene, grosszügige Regelung für die Übergangsgeneration, die eine lebenslange Erhöhung der BVG-Renten um 200 Franken pro Monat für alle Personen über 60 Jahre (bzw, 150 Franken für die 55-Jährigen und 100 Franken für die 50-Jährigen) vorsieht, muss in Frage gestellt werden. Mehr Zurückhaltung ist geboten.

Ebenso sollte die geplante Senkung des Koordinationsabzugs zur Verbesserung der (mehrheitlich weiblichen) Teilzeitbeschäftigten zwar ein langfristiges Ziel bleiben, jedoch nur etappenweise, über fünf oder sogar zehn Jahre eingeführt werden. Bei einem gestaffelten Übergang könnte ein abrupter Anstieg der Lohnbeiträge in Branchen mit einer grossen Anzahl von Teilzeitbeschäftigten vermieden werden, was bei der anstehenden Rezession von besonderer Wichtigkeit sein könnte. Die vorgesehene Rentenreform sollte daher von Zurückhaltung und Flexibilität geprägt sein.

  Avenir Suisse