Der Nationalrat hat am 4.6.20 die Motion Minder 19.4122 “Stimmrechtsberater und börsenkotierte Aktiengesellschaften. Interessenkonflikte offenlegen und vermeiden” behandelt und angenommen. Der eingereichte Text lautet:

Der Bundesrat wird beauftragt, eine Gesetzesänderung (bspw. des Finanzmarktinfrastrukturgesetzes) vorzulegen, um die Interessenkonflikte der Stimmrechtsberater (Proxy Advisors) bei börsenkotierten Aktiengesellschaften offenzulegen und zu vermeiden. Er berücksichtigt dabei die internationale Entwicklung.

Der Bundesrat hat Annahme der Motion empfohlen. Der Ständerat hat sie am 16.12.2019 angenommen. Die NZZ schreibt dazu:

Als Ärgernis bei manchen Schweizer Firmen gilt vor allem der internationale Marktführer unter den Stimmrechtsberatern – die amerikanische Gesellschaft ISS. Für Kritik sorgen etwa die mutmassliche Checklistenmentalität ohne Rücksichtnahme auf lokale und betriebliche Besonderheiten sowie potenzielle Interessenkonflikte, da ISS einerseits Stimmrechtsempfehlungen an die Aktionäre abgibt und anderseits auch zahlungspflichtige Beratung für die analysierten Unternehmen anbietet.

Kritisiert wird auch, dass Unternehmen vor einer negativen Empfehlung gegenüber den Beratern nicht Stellung nehmen können. ISS mag in grossen Schweizer Firmen etwa 10 bis 20% der Stimmen beeinflussen. Die Nummer 2 auf dem Schweizer Markt, Glass Lewis, stammt ebenfalls aus den USA und kann laut groben Schätzungen oft etwa 5 bis 10% der Stimmen beeinflussen. Die prominenteste Schweizer Stimmrechtsberaterin, die Genfer Anlagestiftung Ethos, bringt es vielleicht auf etwa 5%.

Das Schweizer Parlament will die Stimmrechtsberater an eine kürzere Leine nehmen. Das ist am Mittwoch klargeworden. Der Nationalrat nahm eine Motion des Schaffhauser Ständerats Thomas Minder mit 101 zu 65 Stimmen an. Die Motion beauftragt den Bundesrat, eine Gesetzesänderung zur Vermeidung von Interessenkonflikten von Stimmrechtsberatern bei börsenkotierten Aktiengesellschaften vorzulegen. Da der Ständerat diese Motion schon im vergangenen Dezember angenommen hatte, muss der Bundesrat nun eine Gesetzesvorlage bringen.

  Motion  / Ratsprotokoll / NZZ