Der Kommentar im letzten Newsletter vor 14 Tagen begann mit einem Stossseufzer darüber, dass nun endlich die Tattoo-Studios ihren Betrieb wieder aufnehmen dürfen. Jetzt sind wir einen Schritt weiter. Auch die Restaurants dürfen, allerdings unter Einhaltung des verlangten 2m-Abstands, der laut Bundesrat für unsere Sicherheit unabdingbar ist. Und wir wollen nicht vergessen: ab 1. Mai werden zumindest in Basel Demonstrationen wieder toleriert, vorausgesetzt sie bringen eine progressiv-antikapitalistische Gesinnung zum Ausdruck. Aber unter dieser Prämisse ist in Basel jederzeit alles erlaubt.

Sie stellen fest, falls Sie uns bis hierhin gefolgt sind, dass wir erneut beim Thema Corona gelandet sind. Das wollten wir zwar vermeiden und haben es uns für dieses Editorial auch vorgenommen, aber um das C-Wort kommt man kaum noch herum. Wir versuchen es deshalb auch nicht mit dem zweifellos gediegeneren Covid-19 (was uns vom C auch nicht wegbringt) und schon gar nicht mit Sars-CoV-2. Der Begriff signalisiert vertiefte Kenntnisse in Virologie, Epidemiologie, Infektiologie etc. weshalb wir ihn vorsichtshalber den medizinischen Fachzeitschriften, den Behörden sowie den Kollegen von der NZZ überlassen. Wir vermeiden aber auch so unerträgliche Bezeichnungen wie «AHV-Virus» oder «Boomer-Remover», die wir als unfaire Verunglimpfung der kaum gefährdeten Millennials an den 65+ durchschauen.

Nachdem wir nun schätzungsweise zwei Drittel der Leser verloren haben, können wir nun gezielt zur Sache kommen. Wir stellen nämlich mit einiger Genugtuung fest, dass jetzt alle Geld vom Staat wollen, bloss die Pensionskassen nicht. Viel Geld, sehr viel Geld braucht die Arbeitslosenversicherung, nachdem der Bundesrat qua Notrecht beinahe ein Drittel der Arbeitnehmer in einen mindestens zweimonatigen Zwangsurlaub geschickt hat. Das könnte gut und gerne 30 Mrd. und mehr kosten.

Erhebliche Zusatzbelastungen dürften auf die IV und die EL zukommen, was ebenfalls finanziert werden muss. Die AHV wird ebenfalls stark unter den Schutzmassnahmen und ihren Folgen zu leiden haben. Das Vermögen wird dieses Jahr mit einiger Wahrscheinlichkeit negativ performen und die Einnahmen gleichzeitig absacken, während die Leistungen steigen. Die Staf-Zusatzfinanzierung wird unter diesen Umständen ziemlich wirkungslos verdampfen. Man hat es in den vergangenen Glanzjahren vorsätzlich versäumt, eine Revision durchzusetzen, die ihren Namen verdient hätte und hat nun alle möglichen Ausreden, um eine solche erst recht zu vermeiden.

Keine Bundesmittel wird die kapitalistisch aufgestellte 2. Säule erfordern, welche den Börsentornado des ersten Quartals bemerkenswert gut überstanden hat und trotz unsinnig gesetzter gesetzlicher Parameter und trotz des Ballasts endlos wuchernder Regulierungen sich überwiegend im grünen Bereich bewegt; unverdrossen ihre Leistungen erbringt und nun auch akzeptiert, dass bei den gewerblichen Mieten vielleicht etwas Grosszügigkeit geboten wäre. Sie kann es sich leisten. Die Deckungsgrade liegen wieder in der Gegend von Anfang 2019, nicht so glorios wie Anfang 2020, aber akzeptabel.

Denkbar, dass eine grössere Zahl von Arbeitgebern zahlungsunfähig wird und der Sicherheitsfonds für ihre Kassen einspringen muss, aber das System als Ganzes dürfte sich als resistenter erweisen als die AHV. Wir verkennen auch nicht die möglichen Sekundäreffekte durch einen heftigen Wirtschaftseinbruch. Aber selbst einen solchen wird und muss man aus eigener Kraft bewältigen.

Dass diese Feststellung ihre Richtigkeit behält, setzt allerdings voraus, dass man von Ideen wie dem notorischen Rentenzuschlag gemäss Sozialpartner und Bundesrat entschieden abrückt. Ein solcher vierter Beitragszahler auf der Basis zusätzlicher Umverteilung von jung zu alt für etwas UWS-Senkung ist nicht notwendig und er würde das austarierte System der 3 Säulen in Schieflage bringen. Das ist ungefähr das Letzte, was wir jetzt brauchen.

Peter Wirth, E-Mail