imageDie NZZ hat ein Interview mit Martin Jansssen, Ecofin, zu den Auswirkungen der Corona-Krise auf die Pensionskassen geführt. Auszüge:

Herr Janssen, wie schlagen sich die Schweizer Pensionskassen in der Corona-Krise?
Schweizer Pensionskassen waren Ende 2019 im Durchschnitt zu 30% in Obligationen, von Staatsanleihen bis High-Yield Bonds oder Emerging Markets, investiert. Weitere 30% der Gelder lagen in Aktien, 25% in Immobilien, 10% in alternativen Anlagen wie Private Equity oder Hedge-Funds und 5% in Cash. Je nach Marktgängigkeit der Anlagen, nach Art und Umfang der Absicherung und nach Anlagegefäss erzielten solche Portfolios in diesem Jahr Renditen zwischen –5% und weniger als –20%. Der Durchschnitt dürfte bis Montagabend etwa bei –15% gelegen haben.

Bei den Verpflichtungen gibt es derweil grosse Unterschiede, man denke beispielsweise an eine Start-Up-Firma mit jungen Mitarbeitern oder an eine Kasse mit einem hohen Rentneranteil. Je nach dem, wie die Verpflichtungen aussehen, sind die Verluste bis heute unbedeutend bis katastrophal. Panische Reaktionen sind aber nicht zu beobachten. Oft wird der Einbruch mit der Finanzkrise verglichen, die auch vorübergegangen sei. Die meisten Pensionskassen halten an ihrer Strategie fest. In wenigen Fällen wurde das Rebalancing – die regelmässige Rückkehr zur Strategie – ausgesetzt.

Wie gross sind die Reserven der Kassen aus den guten Anlagejahren? Drohen bereits Unterdeckungen?
Bei den privatrechtlichen Pensionskassen lag der ökonomisch berechnete Deckungsgrad mit korrekten Sterblichkeitstabellen Ende 2019 im Durchschnitt im besten Fall bei 100%. Bei dieser Kennzahl wird bei der Berechnung der künftigen Belastungen der Kasse nicht ein fester technischer Zinssatz diskontiert, sondern es werden die aktuellen Marktzinsen verwendet. Der für den Jahresabschluss massgebliche aktuarische Deckungsgrad der Pensionskassen betrug derweil im Durchschnitt über 115%. Die guten Jahre wurden – richtigerweise – für eine Anpassung an die veränderte Zinssituation und die gestiegene Lebenserwartung genutzt. Heute liegt der ökonomische Deckungsgrad im Durchschnitt bei rund 85%, wobei die Abweichungen nach unten und oben gross sind.

In den vergangenen Jahren haben viele Schweizer Pensionskassen bereits die Umwandlungssätze deutlich gesenkt und damit die Renten gekürzt. Worauf sollten sich Sparer und Vorsorgende für die kommenden Jahre einstellen?
Es wäre falsch, mitten in der Krise weitreichende Entscheidungen zu treffen oder eine gut abgestützte Strategie anzupassen. Wenn die Krise langsam abflaut, ist es Zeit, den Schaden abzuschätzen und zu beurteilen. Man wird dann nicht umhin kommen, auch die grossen Verlierer – die Erwerbstätigen – und die grossen Gewinner der Krise – die Rentner – an einen Tisch zu bringen und eine faire Lösung zu erarbeiten. Da dann noch andere grosse Entscheide – z.B. eine teilweise Rückbesinnung auf eine risikoadäquate internationale Arbeitsteilung – zu treffen sind, werden Lösungen im Vorsorgebereich einfacher zu finden sein als noch vor wenigen Wochen.

  NZZ