imageDer Blick hat Roland Müller, Direktor des Arbeitgeberverbands, zur laufenden BVG-Revision und der Kritik am Rentenzuschlag befragt. Auszüge:

In linken Kreisen galt er als Hardliner: Arbeitgeber-Direktor Roland Müller (57) ist ein Mann, der finanzielle Disziplin und Eigenverantwortung hochhält. Umso grösser war die Überraschung, als Müller und Arbeitgeber-Präsident Valentin Vogt (59) im letzten Sommer in einen Deal mit den Gewerkschaften zur Reform der zweiten Säule einschlugen. Deren Kernstück sind höhere Renten, die mit zusätzlichen Lohnprozenten finanziert werden.

Hat sich der Arbeitgeberverband von den Gewerkschaften bei den Verhandlungen über den Tisch ziehen lassen?
Davon kann keine Rede sein. Beide Seiten mussten Kompromisse eingehen. Die Gewerkschaften wollten nicht die zweite Säule stärken, sondern die AHV ausbauen. Wir konnten sie von einer Lösung überzeugen, welche die zweite Säule nachhaltig stabilisiert und die Umverteilung von Erwerbstätigen zu Rentnern reduziert. Wir senken den Umwandlungssatz in einem Schritt von 6,8 auf 6 Prozent. Zusätzlich zahlen künftig schon Jüngere in die zweite Säule ein. Das brauchte viel Überzeugungsarbeit. Aber natürlich mussten auch wir über unseren Schatten springen.

Bei der Finanzierung des Rentenausgleichs mussten Sie eine Kröte schlucken: Ein Lohnabzug von 0,5 Prozent soll den ersten 15 Jahrgängen einen monatlichen Rentenzustupf von 200 bis 100 Franken finanzieren.
Der Bundesrat machte eine klare Vorgabe an die Reform: Die Höhe des Rentenniveaus soll erhalten bleiben. Dafür braucht es diese solidarische Finanzierung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Es fliesst wie bei der AHV direkt Geld von den Aktiven zu den Rentnern. Das ist eine Vermischung von erster und zweiter Säule.
Das stimmt so nicht. Die ganze Reform bleibt innerhalb der zweiten Säule und ist völlig unabhängig von der AHV. Das zeigt sich unter anderem darin, dass der Lohnabzug nur bis zum maximal versicherbaren BV-Lohn erhoben wird. Die AHV wird auf dem ganzen Lohn erhoben. Übrigens hätte das BVG im Jahr 1985 ohne zweckgebundene Umlagekomponente gar nicht eingeführt werden können: Die Renten der Eintrittsgeneration wurden solidarisch finanziert.

Den Rentenzustupf erhalten auch jene, die ihn nicht brauchen. Sie verteilen mit der Giesskanne.
Grossverdiener nehmen meist nicht die Rente, sondern das Kapital. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Einkommensmillionäre vom Ausgleich profitieren. Umgekehrt ist es ein Gebot der Gerechtigkeit, dass, wenn alle zahlen, auch alle in den Genuss der Leistungen kommen. Das ist bei jeder Versicherung so. Wenn man gewisse Gruppen ausschliesst, hätte das völlig zu Recht zu Widerstand geführt.

Der Pensionskassenverband sowie die Arbeitgeber Bau, Banken und Detailhandel behaupten, man könne die Rentenausfälle durch bereits vorhandene Rückstellungen der Kassen finanzieren. Das tönt charmant.
Sehr charmant sogar, das Problem ist aber, dass nicht alle Kassen diese Rückstellungen gebildet haben. Die Finanzierung ist also nicht gesichert. Zudem würde der Ausgleich die Ausfälle nicht kompensieren. Nur unsere Reform erfüllt die Vorgabe, das Rentenniveau zu halten.

Der Umwandlungssatz ist auch nach der Senkung auf 6 Prozent noch immer zu hoch. Nichtstun sei besser als Ihre Reform, sagen viele Kritiker.
Das ist reine Polemik. Unser Modell schafft einen Mechanismus, um die stossende Umverteilung in der zweiten Säule in den Griff zu bekommen. Wir reduzieren sie sofort. Und wir schaffen die Möglichkeit, in 15 Jahren weitere Schritte zu ergreifen. Wenn wir nichts tun, wird die Umverteilung schon in zwei Jahren auf über 100 Milliarden Franken angewachsen sein. Damit gerät die Stabilität des Gesamtsystems in Gefahr. Das ist verantwortungslos.

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