In der Wochenzeitung schreibt Yves Wegelin: “Die Reform des Bundesrats für die zweite Säule ist ein Eingeständnis, dass diese ein Auslaufmodell ist. Irgendwann werden auch die Bürgerlichen diese Realität nicht mehr leugnen können”. Aber vorderhand scheinen die Bürgerlichen von den Milliarden, die es in der 2. Säule zu verdienen gibt, geblendet. Ganz übel scheint zu sein, dass auch die Pensionskassen daran verdienen. Zur laufenden Revision ist zu lesen:

Die Bürgerlichen signalisieren von SVP bis GLP jedoch Ablehnung. Die SVP sprach sich bereits im Sommer gegen den Kompromiss der Sozialpartner aus. Kürzlich hat sich nun auch die FDP-Fraktion an einer Klausur dagegen entschieden, letztes Wochenende folgte die Mittefraktion aus CVP, EVP und BDP; und auf Nachfrage positioniert sich auch die GLP rechts des Arbeitgeberverbands. Bekämpft wird vor allem der Rentenzuschlag.

Die Bürgerlichen möchten, dass die Renten in erster Linie mit höheren Beiträgen an die zweite Säule gesichert werden. Einen Rentenzuschlag soll es höchstens für eine Übergangsgeneration geben, die keine Zeit mehr hat, genug zu sparen. Zweitens sind die Bürgerlichen gegenüber einer Finanzierung über Lohnbeiträge skeptisch bis ablehnend.

Mit der Forderung zusätzlicher Beiträge für die zweite Säule folgen sie der mächtigen Finanzlobby. Der Pensionskassenverband (Asip) hat dies bereits in einem eigenen Reformmodell vor einem Jahr gefordert. Mit der Verwaltung der rund 1000 Milliarden Franken, die in der zweiten Säule stecken, verdienen die Pensionskassen, aber auch Banken, Anlageberater und andere Finanzdienstleister gemäss Zahlen des Bundes jährlich satte 5 Milliarden Franken – ein Riesengeschäft. Die Finanzlobby ist unter der Bundeshauskuppel gut vertreten: Es ist eine Minderheit unter den Bürgerlichen, die nicht irgendein entsprechendes Mandat vertritt.

Mit ihrem Nein verteidigen die Bürgerlichen aber auch die Pfründe der Wohlhabenden: Die Finanzierung des Rentenzuschlags durch ein halbes Lohnprozent der Beschäftigten würde Leute mit hohem Einkommen stärker belasten. Auch wenn die zunehmenden Investitionen in Immobilien, die unterschiedliche Lebenserwartung und die Senkung des Umwandlungssatzes eine riesige Umverteilung von Arm zu Reich bedeuten: Eine solche Solidarität will man explizit nicht.

Das vielleicht grösste Problem haben die Bürgerlichen aber mit dem im Reformplan impliziten Eingeständnis, dass die zweite Säule im Zeitalter der Minuszinsen zum Sterben verurteilt ist. Und dass die Finanzierung der Renten über die Einkommen der heutigen Erwerbstätigen, wie sie auch die AHV kennt, dem Alterssparen überlegen ist. Ganz abgesehen davon, dass die Verwaltungskosten der AHV mit 200 Millionen Franken rund 25 Mal tiefer liegen als die der zweiten Säule.

Und: Wie weltfremd ist es eigentlich, in der heute kapitalübersättigten Weltwirtschaft höhere Beiträge an die zweite Säule zu verlangen? Vielleicht muss nochmals eine Reform scheitern und etwas mehr Zeit vergehen – bis die Realität nicht mehr zu leugnen ist.