Comparis publiziert einen “Expertenkommentar” zur Praxis der Auffangeinrichtung. Neu auch Versicherung überobligatorischer Löhne. Leo Hug hat einiges zu kritisieren.

Bis Ende 2019 konnten arbeitslose Personen ihr Pensionskassenvermögen an die Stiftung Auffangvorrichtung BVG überweisen und weitere Einzahlungen leisten. Falls bis zur Pensionierung keine Anstellung mit Pensionskassenaufnahme erfolgte, durften Sie das Vermögen in Form einer Rente beziehen. Alternativmöglichkeiten wie Freizügigkeitsstiftungen zahlen das Alterskapital nur in Form einer einmaligen Kapitalleistung und nicht als Rente aus.

Anfang 2020 hat die Stiftung Auffangeinrichtung BVG ihre Praxis geändert. Neu werden Personen, die zum Entlassungszeitpunkt ein von der bestehenden Pensionskasse vorgegebenes Mindestalter für eine Frühpensionierung erreicht haben, aus dem Rentenangebot ausgeschlossen. Bei vielen Pensionskassen liegt das Mindestalter bei 58 Jahren. (…)

Die von der Stiftung eingeführte Neuerung ist gemäss der Branchenzeitschrift «Schweizer Personalvorsorge» (Ausgabe 09/20) rechtlich umstritten. Gemäss BVG-Verordnung (Art. 60 Abs. 2 lit.c) ist die Stiftung verpflichtet, alle Arbeitnehmenden auf deren Begehren aufzunehmen.

Comparis hat den Leiter Direktaufsicht der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge um eine Stellungnahme zu diesem Vorwurf gebeten. Ob die neue Praxis dem BVG widerspräche, «müsste letztlich von einem Gericht beantwortet werden», räumt er in seinem Antwortschreiben ein.

Die geänderte Praxis der Vorsorgestiftung hielt sich aufgrund der Corona-Pandemie nicht lange: Der Bundesrat hat die Regelung per 31. Juli 2020 mit dem Covid19-Gesetz entschärft. Seit August können über 58-Jährige, die ihre Stelle auf Initiative des Arbeitgebers verlieren, im bisherigen Umfang bei der bestehenden Vorsorgeeinrichtung bleiben und erst bei Erreichen des ordentlichen Pensionsalters mit dem Rentenbezug beginnen. Die Regelung wird ab 1. Januar 2021 in die neuen BVG-Bestimmungen (Art. 47 a) aufgenommen.

Neben dem Ausschluss älterer Arbeitnehmender hat die Stiftung Auffangeinrichtung BVG mit Jahresbeginn weitere Änderungen eingeführt. Sie versichert neu auch überobligatorische Löhne und baut damit die Auffangeinrichtung rechtlich in eine umhüllende BVG-Einrichtung um. Dies erlaubt der Stiftung, überobligatorische Guthaben für die Finanzierung der Renten im obligatorischen Bereich heranzuziehen.

«Solche Änderungen bedeuten einschneidende Verschlechterungen der Vorsorgebedingungen», kommentiert der Comparis-Vorsorgeexperte. Diese träfen ausgerechnet Personen, die sich durch eine Entlassung im höheren Alter ohnehin in einer schwierigen Situation befänden, so Hug. «Dass man solche Schritte in aller Stille auszusitzen versucht, ist inakzeptabel!»

  Text Comparis / Auffangeinrichtung