bgerDas Bundesgericht ändert zwei Parameter zur Bestimmung des zulässigen Anfangsmietzinses von Wohn- und Geschäftsräumen anhand der Nettorendite. Künftig ist das investierte Eigenkapital in vollem Umfang der Teuerung anzupassen. Als zulässig gilt sodann ein Ertrag, der den Referenzzinssatz um 2 Prozent übersteigt, wenn der Referenzzinssatz 2 Prozent oder weniger beträgt. Der Entscheid kam aufgrund der Klage einer Pensionskasse zustande. Das BGer schreibt dazu:

Mieter können unter gewissen Voraussetzungen die Höhe des Anfangsmietzinses für Wohn- und Geschäftsräume als missbräuchlich anfechten und dessen Herabsetzung verlangen. Ob ein Mietzins missbräuchlich ist, bestimmt sich entweder danach, ob damit ein übersetzter Ertrag aus der Mietsache erzielt wird (Nettorendite) oder ob sich der Mietzins im Rahmen des Orts- oder Quartierüblichen bewegt. Bei weniger als 30 Jahre alten Liegenschaften ist prioritär auf die Nettorendite abzustellen.

Im konkreten Fall betrug der monatliche Anfangsmietzins für eine 4.5-Zimmer-Wohnung im Kanton Waadt 2190 Franken (exklusive Nebenkosten) und für die zwei Einstellhallenplätze je 130 Franken. Das zuständige Mietgericht senkte die Wohnungsmiete auf Klage der Neumieter aufgrund einer Berechnung der Nettorendite auf 900 Franken pro Monat, die Miete für die beiden Parkplätze auf je 50 Franken pro Monat. Das waadtländer Kantonsgericht bestätigte diesen Entscheid.

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Vermieterin – einer Pensionskasse – teilweise gut. Es legt den zulässigen monatlichen Mietzins für die Wohnung auf 1’390 Franken fest und für die Parkplätze auf je 73 Franken. Bei seinem Entscheid ändert das Bundesgericht seine bisherige Rechtsprechung zur Berechnung der Nettorendite (vgl. u.a. BGE 120 II 100; 112 II 149). Konkret geht es dabei um zwei Parameter:

  • Erstens ist das investierte Eigenkapital neu zu 100 Prozent – und nicht wie bisher nur zu 40 Prozent – an die Teuerung anzupassen.
  • Zweitens darf der Ertrag den Referenzzinssatz um 2 Prozent – und nicht wie bisher nur um ein halbes Prozent – übersteigen, wenn der Referenzzinssatz 2 Prozent oder weniger beträgt.

Die Rechtsprechung zu den beiden nunmehr geänderten Parametern datiert aus den Jahren 1994 bzw. 1986. Massgebend für die aktuelle Praxisänderung sind die seither eingetretenen Veränderungen, insbesondere die nachhaltig gesunkenen Zinssätze für Hypotheken bzw. des massgebenden Referenzzinssatzes. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass gemäss bisheriger Berechnungsmethode mittlerweile sehr niedrige Mieterträge resultieren.

Diese stehen in keinem angemessenen Verhältnis zur Nutzung betreffender Wohnungen. Sie sind namentlich für Pensionskassen, die Renten an ihre Versicherten zahlen und dementsprechend einen hinreichenden Ertrag aus ihren eingeschränkten Anlagemöglichkeiten erwirtschaften müssen, nicht ausreichend. Das gilt aber auch für die übrigen Immobilieneigentümer, die ebenfalls Risiken eingehen (u.a. Mietzinsverluste, leer stehende Räumlichkeiten).

  Mitteilung BGer / Entscheid