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So funktioniert der geplante Rentenzuschlag: Alle Angestellten müssen 0,5 Prozent des Einkommens zusätzlich einzahlen, die Hälfte davon bezahlt der Arbeitgeber. Im Gegenzug erhalten Neurentner lebenslang einen Zuschlag auf ihrer Rente. Er beträgt für die ersten fünf Jahrgänge nach der Reform 200 Fr./Mt., für die nächsten fünf 150 Fr. und danach für die folgenden fünf noch 100 Fr. Nach dem 15. Jahr soll der Bundesrat die Höhe festlegen. So wurde gerechnet: Die zusätzlichen Einzahlungen umfassen die höheren Lohnabzüge bis zum 65. Geburtstag. Die Tabelle weist den Gesamtbetrag aus, nicht nur den Anteil des Arbeitnehmers. Ähnlich vorsichtig ist die Annahme, dass die durchschnittliche verbleibende Lebenserwartung nach der Pensionierung nur 20 Jahre beträgt. Auf dieser Basis wurde der Gesamtwert des Renten-Zuschlags aufsummiert. Im Gegenzug ist nicht berücksichtigt, dass der Bezug von 1 Franken Rente morgen weniger ins Gewicht fällt als die Einzahlung von 1 Franken heute (keine Verzinsung eingerechnet). Insgesamt ist die Berechnung trotzdem konservativ.

Hansueli Schöchli hat Vorbehalte, grosse Vorbehalte, gegen den von den Sozialpartnern geforderte Rentenzuschlag zum Ausgleich der UWS-Senkung. Ältere Versicherte würden massiv profitieren, auf Kosten der jüngeren.

Da in der Altersvorsorge jeder Rückgang der nominalen Jahresrente flugs «kompensiert» werden soll, steigen im Gegenzug die Lohnbeiträge, damit der Kapitalstock zunimmt. Da dies für die älteren Arbeitnehmer nicht zu einer vollen Kompensation reicht, ist zusätzlich für die ersten 15 Neurentner-Jahrgänge nach Inkrafttreten der Revision ein pauschaler Rentenzuschlag von 100 bis 200 Franken pro Monat vorgesehen. Finanziert wird dieser im Umlageverfahren à la AHV durch einen zusätzlichen Lohnbeitrag von 0,5 Prozent des AHV-pflichtigen Einkommens.

Damit würden Ältere zusätzlich zulasten der Jüngeren subventioniert. Die Subventionierung greift sogar für Grossverdiener (vgl. Grafik). Warum hat der Arbeitgeberverband diesem zusätzlichen Umverteilungskanal zugestimmt? Die Schaffung dieses Kanals war der Preis für das Ja der Gewerkschaften zur raschen Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes. «Nur mit der Senkung des gesetzlichen Umwandlungssatzes werden die Arbeitgeber weiterhin starkes Interesse an überobligatorischen Lösungen der beruflichen Vorsorge haben», sagt Martin Kaiser vom Arbeitgeberverband. Ohne Reform würden sich die Arbeitgeber «allmählich auf das Obligatorium zurückziehen». Denn: «Welcher Arbeitgeber wird auf Dauer auf ein System setzen, das strukturell immer mehr in Schräglage ist?»

Im Leitartikel zum Thema zitiert Schöchli Stephan Wyss, PK-Experte Prevanto:

«Kurzfristig bringt dieses Paket eine noch grössere Umverteilung von Jung zu Alt, und dies erst noch nach dem Giesskannenprinzip», sagt der Pensionskassenexperte Stephan Wyss von der Zürcher Beratungsfirma Prevanto. Für Wyss ist es «völlig klar», dass dieser Vorschlag der Sozialpartner «schlechter ist, als wenn man nichts machen würde». Der Vorschlag enthält zwar die Senkung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes zur Berechnung der Jahresrente von 6,8 auf 6,0 Prozent Dieser Satz ist laut Wyss viel zu hoch, aber die meisten Kassen könnten damit leben. (…)

Wyss ist gegen das Nichtstun. Aber bei Pensionskassen mit wenig überobligatorischem Kapital wäre es laut dem Experten einfacher und billiger, die Lohnbeiträge zur Finanzierung des überrissenen gesetzlichen Umwandlungssatzes zu erhöhen, als den «extrem teuren und gegenüber den Jungen unfairen» Vorschlag der Sozialpartner umzusetzen. Zudem werde mit der Abkehr vom Kapitaldeckungsverfahren das Vertrauen ins Prinzip, wonach in der zweiten Säule jeder für sich selber spare, weiter untergraben. Bei künftigen Senkungen des gesetzlichen Umwandlungssatzes sei überdies eine weitere Abkehr vom Kapitaldeckungsverfahren vorgespurt.

Dass die Gewerkschaften hinter dem Reformvorschlag stehen, ist schnell erklärt. Jede Aushöhlung des Prinzips, für sich selbst zu sparen, zugunsten einer noch stärkeren versteckten Umverteilung von Reich zu Arm und von Jung zu Alt ist aus Gewerkschaftssicht eine gute Sache. Die grosse Frage ist aber, weshalb der Arbeitgeberverband dem Vorschlag zugestimmt hat.

  NZZ / Leitartikel