imageSVP-Präsident Alfred Rösti hat dem Arbeitgeberverband in einem Tages-Anzeiger Interview ein Komplott mit den Gewerkschaften vorgeworfen. SAV-Präsident Valentin Vogt weist, natürlich, die Vorwürfe in einem NZZ-Interview zurück und erklärt die Gründe, weshalb der Verband den umstrittenen Rentenzuschlag im BVG akzeptierte. Fabian Schäfer hat ihn befragt. Auszüge:

Haben Sie kein Problem damit, dass nun ausgerechnet Ihr Verband die Lohnbeiträge erhöhen und die Umverteilung zwischen den Generationen weiter verstärken will?
Wie gesagt, es ist ein Kompromiss. Wenn wir allein entscheiden könnten, hätten wir diesen Rentenzuschlag sicher so nicht vorgeschlagen. Aber man muss auch die Vorteile sehen: Unsere Lösung reduziert die Umverteilung von Jung zu Alt im BVG von heute rund 7 Milliarden Franken deutlich. Damit kann ein grösserer Teil der Renditen für die Jungen verwendet werden. Eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer ist für die Sanierung der zweiten Säule nicht möglich.

Macht es Ihnen keine Sorgen, dass die Gewerkschaften künftig bei jedem Problem im BVG immer versuchen werden, diese neue Umlagekomponente auszubauen?
Wie gesagt, es ist ein ausgewogener Kompromiss. Er dürfte eine Mehrheit im Stimmvolk finden und ist auch gut auf die parteipolitischen Realitäten abgestimmt.

Wie meinen Sie das?
Die politische Situation bei der Altersvorsorge ist verfahren. Wir haben im Parlament einerseits eine geschlossene Linke und andererseits eine zutiefst uneinige Rechte. Vor allem die SVP hat sich bei sozialpolitischen Kompromissen komplett abgemeldet, sie ist in diesem Bereich nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen, und verharrt auf ihren Maximalforderungen. Wie soll man da eine bürgerliche Lösung finden?

Deshalb schlagen Sie nun eine Mitte-links-Reform vor.
Es ist wichtig, dass wir endlich wieder eine BVG-Reform zustande bringen.

Sie bezeichnen Ihren Vorschlag als Kompromiss. Wo genau sind Ihnen denn die Gewerkschaften entgegengekommen? Sie lehnen ja sogar Rentenalter 65 für Frauen immer noch ab.
Das ist eine andere Baustelle. Das Thema Rentenalter haben wir bei unseren Gesprächen ausgeklammert, da es Teil der AHV-Reform ist. Bei der BVG-Reform hingegen mussten die Gewerkschaften durchaus auch Kröten schlucken. Sie haben einer Lösung zugestimmt, mit der die berufliche Vorsorge, die viele Gewerkschafter am liebsten abschaffen möchten, ausgebaut und gestärkt wird. Das ist für uns ein Fortschritt.

Jetzt malen Sie schön: Ein solcher Ausbau der zweiten Säule wurde von den Gewerkschaften schon früher unterstützt. Noch einmal: Warum kamen Sie ihnen so weit entgegen? Wollten Sie verhindern, dass die Sozialpartner-Gespräche scheitern, die Ihr Verband selber angeregt hatte?
Wir führten die Verhandlungen ergebnisoffen. Es gab keine geheimen Absprachen, wie dies der Gewerbeverband kolportiert hat. Wir erachten eine BVG-Reform als dringlich. Beide Seiten waren bereit, Konzessionen zu machen. Der Verband der Pensionskassen begrüsst den Effort der Sozialpartner, so falsch können wir also nicht liegen.

Es gibt aber auch Pensionskassenexperten, die sagen: Lieber keine Reform als diese. Unter dem Umwandlungssatz leidet ja nur eine Minderheit der Pensionskassen.
Diese Argumentation kann ich nicht nachvollziehen. Wir wollen eine berufliche Vorsorge, die in sich stimmig ist und langfristig funktioniert. Das ist nur möglich, wenn wir endlich den Mindestumwandlungssatz senken können.

Daneben laufen in Bern die internen Diskussionen um das Rahmenabkommen mit der EU. SVP-Präsident Albert Rösti wittert ein Komplott: Wirtschaft und Bundesrat wollten die Gewerkschaften kaufen, damit sie dem Rahmenvertrag doch noch zustimmten.
Das stimmt nicht. Wir betrachten jedes Dossier separat. Aber natürlich fällt es leichter, gemeinsam eine Lösung für ein neues Problem zu finden, wenn man zusammen soeben ein anderes gelöst hat. Zudem wissen auch die Gewerkschaften, dass die Überbrückungsleistungen erst noch vom Parlament bewilligt werden müssen. Es ist unsicher, ob das Parlament zustimmen wird, wenn die Gewerkschaften beim Rahmenvertrag auf stur schalten.

  NZZ