imageBleibt das Rentenalter weiter unangetastet, wird jedes zusätzliche Jahr Lebenserwartung zu einem zusätzlichen Jahr Freizeit – bezahlt durch nächste Generationen. Das ist unhaltbar, meint Aymo Brunetti in der NZZ am Sonntag.

Unser System bedeutet, dass jedes gewonnene Jahr an Lebenserwartung zu 100 Prozent für Freizeit verwendet wird und zu 0 Prozent für Arbeit. Vor die Wahl gestellt (und mit den tatsächlichen Kosten konfrontiert!), würden Sie wohl nie einen so extremen Entscheid treffen.

Seit der Einführung der AHV im Jahr 1948 machen wir aber genau das. Mussten zu Beginn im Durchschnitt jedem Rentner noch 12 Jahre Freizeit finanziert werden, so sind es heute schon 21 Jahre, Tendenz steigend. Eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters würde diesen Konstruktionsfehler korrigieren: Zwar würde die steigende Lebenserwartung auch künftig für zusätzliche Freizeit im Alter sorgen, aber nicht zu 100 Prozent.

Eine solche Massnahme hätte zudem den Vorteil, dass damit automatisch auch die Probleme der 2. Säule angegangen würden. Auch dort besteht dringlicher Reformbedarf, weil der angesichts der gestiegenen Lebenserwartung deutlich zu hohe Umwandlungssatz jedes Jahr zu milliardenschweren Umverteilungen von Jung zu Alt führt.

Bei konstantem Rentenalter wird der Umwandlungssatz bald und dann immer wieder gesenkt werden müssen, was laufenden deutlichen Rentenkürzungen entspricht. Passen wir das Rentenalter an die veränderte Lebenserwartung an, so können wir auf so drastische Rentenkürzungen verzichten.

Reformen in der Altersvorsorge lösen Probleme, die erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung voll sichtbar sind, darum verschieben sie Politiker gerne auf morgen oder besser übermorgen. Bei dieser Reform wäre das besonders fatal.

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