Seit 2. April läuft die Unterschriftensammlung für die Initiative «Vorsorge JA – aber fair». Sie ist als allgemeine Anregung formuliert und ihre Zielsetzung – Generationengerechtigkeit und Fairness – sollte eigentlich in einer Zeit, da Gerechtigkeit ganz oben auf der gesellschaftlichen Werteskala steht, kaum auf Widerspruch stossen. Knackpunkt bildet die u.a. geforderte Flexibilisierung der Renten. Die Medien zeigen sich mehrheitlich wohlwollend, weniger die Fachverbände und entsetzt, empört bis völlig verständnislos grüne und rote Linksparteien und Gewerkschaften. Sie haben «vehementen» Widerstand versprochen und bezeichnen das Vorhaben als «zynisch». Wenig überraschend sind auch die Rentnerverbände entschieden gegen das Projekt. Was man hat, das hat man!

Dabei sprechen die Zahlen für sich. Die aktuell gesprochenen Renten sind massiv unterfinanziert und verursachen den Pensionskassen Verluste in Höhe von rund einem Viertel der Leistung. Das hat sich mittlerweile selbst bei 20 Minuten-Lesern herumgesprochen. Der von der OAK errechnete Betrag an Umverteilung mit 7 Milliarden p.a. ist leicht zu merken und bildet für die berufliche Vorsorge ein massives Reputationsrisiko. Begriffe wie «unschön», «systemwidrig» und «Anpassungsbedarf» überzeugen die Jungen längst nicht mehr, und der Politikbetrieb macht keinesfalls den Eindruck, Rezepte für die notwendige Remedur der Fehlentwicklung zu haben.

Während die notwendige – d.h. volle – Anpassung des gesetzlichen Mindestumwandlungssatzes und umfassende Reformen als politisch nicht durchsetzbar gelten, scheint die Umverteilung hinnehmbar. Vielleicht mit dem Ausdruck des Bedauerns und vagen Versprechen für die Zukunft, aber ohne konkrete Aussicht auf grundlegende Änderung des Zustandes. Die Linke plädiert derweil auf «Stärkung der Umlagekomponenten» in der 2. Säule, was erahnen lässt, wie sie das System der beruflichen Vorsorge verstehen. Worauf sie letztlich hinauswollen, darüber darf man spekulieren. Weiter als bis zum Ausbau der AHV scheint ihre Phantasie aber auch nicht zu reichen. Selbstverständlich bei unverändertem Rentenalter.

In diesem Umfeld kann nicht überraschen, dass Bachmanns Ideen einen schweren Stand haben. Statt mit Argumenten wird wieder einmal mit Schlagworten hantiert. Eine moderate Flexibilisierung, wie sie ihm vorschwebt, gilt als absolutes No Go. Verschwiegen wird, dass in den 90er Jahren, als Inflationsraten von bis zu 7 Prozent erreicht wurden, die Kaufkraft der Renten massiv «wackelte». Da erwiesen sich die Renten plötzlich als real ausgesprochen flexibel. Allerdings nur nach unten.

Es besteht keine Garantie, dass solche Verhältnisse sich nicht wieder einstellen. Die abenteuerliche Geldpolitik der Zentralbanken birgt enormes Inflationspotential. Die vom Bundesgericht im PwC-Urteil festgestellte «betragsmässig absolute» Leistungsgarantie ist hingegen bloss nominell. Damit wird sich zufriedengeben, wer entweder unter chronischer Geldillusion leidet oder aus ideologischen Beweggründen kein Interesse an den Fakten hat. Doch ob es den Initianten gelingt, in anderthalb Jahren bis Oktober 2020 die notwendigen 100’000 Unterschriften zusammen zu bringen, steht in den Sternen. Die Vorgabe ist jedenfalls sportlich.

Man erinnert sich in diesem Zusammenhang an den deutschen Filmemacher und Schriftsteller Herbert Achternbusch, dessen Bücher zwar nur noch wenig gelesen werden, dessen bekanntestes Zitat hingegen Kultcharakter erlangt hat. Sein Mutmacher lautet: «Du hast keine Chance, aber nutze sie!»

Peter Wirth, E-Mail